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Obama macht Clinton Favoritenrolle streitig

Die Endrunde ist eingeläutet: Lange sah es so aus, als sei Hillary Clinton die Nominierung ihrer Partei als Spitzenkandidatin für die US-Wahl im kommenden Jahr sicher - und damit vielleicht fast auch schon die Präsidentschaft.

Doch keine vier Wochen vor Beginn der Vorwahlen ist das Rennen wieder spannend. Barack Obama, der charismatische junge Senator, holt in Umfragen auf. Kein anderer Anwärter auf die Präsidentschaft weckt so viel Neugier wie er. Auf den unverbrauchten Nachwuchsstar richten sich die Hoffnungen vieler Wähler auf einen Neubeginn nach den bleiernen Bush-Jahren. Obama setzt im Endspurt auf Starglanz. Hillary Clinton kontert mit Verbalattacken, sie geht zum Angriff über.

Barack Obama lässt die Grenzen zwischen Politik und Show-Business verschwimmen. Der 46-Jährige wirkt wie ein Fernsehprediger, wenn er von der Wahlkampfbühne seine Heilsbotschaft von einem anderen, gerechteren Amerika verkündet, das die politischen Gräben der Vergangenheit und die Gegensätze zwischen Schwarz und Weiß überwunden hat. Zum umjubelten Triumphzug geriet seine am Wochenende gestartete Wahlkampftournee mit der in den USA immens beliebten Talkshow-Königin Oprah Winfrey: Zehntausende Besucher strömten in Messehallen und Stadien, um die beiden afroamerikanischen Publikumslieblinge live zu erleben.

In der aktuellen „Newsweek“-Umfrage liegt Obama im US-Staat Iowa bereits mit 35 zu 29 Prozent vor Clinton. In Iowa beginnt am 3. Jänner die Serie der Vorwahlen in den 50 Bundesstaaten, dort will Obama mit einem Sieg Clintons Weg ins Weiße Haus blockieren. TV-Star Oprah Winfrey soll ihm in dem knappen Rennen die entscheidenden Stimmen gerade der Frauen sichern. Experten halten das für möglich. „Wenn ich Kandidat wäre und mir einen prominenten Wahlhelfer aussuchen dürfte, würde ich Oprah nehmen“, sagt Professor Steven Ross von der University of Southern California. „Oprah ist die eine Prominente, die eine US-Präsidentschaftswahl wirklich beeinflussen kann.“

Oprah Winfrey ist in den USA ein Medienphänomen. Bis zu zehn Millionen Menschen, meist Frauen, sehen ihre tägliche Talkshow über Klatsch, Tratsch und Alltagssorgen. Mit Büchern und Magazinen hat sie ein Ratgeber-Imperium aufgebaut. Was Winfrey anfasst, wird zu Gold. Als sie kürzlich in ihrer Show Leo Tolstois bejahrten Romanklassiker „Anna Karenina“ empfahl, schoss das Buch in den US-Bestsellerlisten ganz nach oben. Nun verkauft sie ihrer weiblichen Zielgruppe einen Politiker. Immerhin 31 Prozent der Befragten gaben in einer CBS-Umfrage an, dass sie einen Sieg Obamas durch Winfreys Einsatz für wahrscheinlicher halten.

„Sie ist jemand, der eine ganze Nation bewegen kann“, sagte Obama bei dem gemeinsamen Auftritt in Iowa. In TV-erprobter Manier intonierte Winfrey Obamas Botschaft von einem politischen Neubeginn in Washington. „Ich kann es nicht mehr mit ansehen, wie dort Politik gemacht wird“, sagte sie. „Wenn wir so weitermachen wir bisher, werden wir auch Ergebnisse erzielen wie bisher.“ Das war auf Obamas große Konkurrentin Hillary Clinton gemünzt.

Denn Obama wirft Clinton vor, als Teil des Washingtoner Establishments einem echten Politikwechsel nach Bushs Ausscheiden aus dem Amt im Wege zu stehen. Der Zweikampf bei den US-Demokraten reduziert sich auf eine einfache Formel: Wandel oder Erfahrung? Obama verkörpert die Sehnsucht nach Wandel, während Clinton im Wahlkampf ihre in langen Jahren als First Lady im Weißen Haus erprobte Professionalität anführt.

Der Ausgang des Wettstreits dürfte davon abhängen, ob bei den Wählern im Jänner der Wunsch nach einer klaren Umkehr oder aber das Vertrauen auf bewährte Kompetenz überwiegt. Clinton jedenfalls verschärft ihren Ton gegenüber Obama derzeit deutlich. „Man kann diesen Job nicht aus dem Buch lernen“ sagte sie in Iowa. Obama sei manchmal geradezu „naiv“. Dessen Manager David Pluoffe urteilt über die Verbalattacken: „Das Clinton-Team ist in Panik wegen der neuen Umfragezahlen.“

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