“Wir suchen nach einer umfassenden Strategie, aber wir brauchen auch eine Exit-Strategie”, sagte Obama am Sonntag in der CBS-Sendung “60 Minutes”. Die USA müssten von der Vorstellung Abschied nehmen, den Krieg mit militärischen Mitteln gewinnen zu können, erklärte Obama weiter. Es dürfe nicht das Gefühl aufkommen, dass die USA auf ewig in den Afghanistan-Konflikt hineingezogen würden.
Der US-Sondergesandte für Afghanistan und Pakistan, Richard Holbrooke, unterrichtete am Montag in Brüssel NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer und die Botschafter der Militärallianz über die Planungen für das Land am Hindukusch. Während einer Veranstaltung in Brüssel hatte Holbrooke am Wochenende ausgeführt, dass bei der Befriedung Afghanistans außer Pakistan auch die Nachbarländer Iran und China eine wichtige Rolle spielen müssten.
Zudem hatte der US-Diplomat zusätzliche Anstrengungen angekündigt, um die afghanische Polizei massiv zu verstärken. Die USA bemühten sich darum, den afghanischen Bauern Alternativen zum Rauschgiftanbau schmackhaft zu machen, so Holbrooke. Die radikal-islamischen Taliban finanzieren ihren Kampf zum großen Teil mit dem Drogenhandel.
Medienberichte, wonach Washington eine Aufstockung der Zahl der afghanischen Soldaten und Polizisten auf rund 400.000 Mann anstrebe, wies Holbrooke zurück. Andererseits reiche es nicht aus, die derzeit 78.000 afghanischen Polizisten auf 82.000 aufzustocken, meinte er.
Der US-Präsident verteidigte seine Entscheidung, den Kampf gegen die Aufständischen in Afghanistan mit der Stationierung von 17.000 zusätzlichen US-Soldaten überwiegend im unruhigen Süden vor der Präsidentschaftswahl im August zu unterstützen. Sie sollen die bereits am Hindukusch eingesetzten 38.000 US-Soldaten verstärken. Daneben bemühen sich die USA um eine engere Zusammenarbeit und Abstimmung mit ihren Verbündeten, die den Aufstand der Taliban und des Terrornetzes Al-Kaida mit etwa 30.000 Mann bekämpfen.
Obama sagte in dem CBS-Interview, mit der neuen Strategie solle der Vormarsch der Taliban in Afghanistan gestoppt werden. Hauptziel des US-Einsatzes in Afghanistan sei sicherzustellen, dass die Al-Kaida weder “die USA noch US-Interessen oder unsere Verbündeten angreifen kann”.
Ein weiterer Baustein der künftigen Afghanistan-Strategie könnte Experten zufolge ein Dialog mit gemäßigten Taliban sein, die Obama und sein US-Vizepräsident Joe Biden ins Gespräch gebracht haben. Vertreter radikal-islamischer Gruppen erteilten dieser Idee indes bereits eine Absage. “Die Taliban bilden eine Einheit und unter uns gibt es keine gemäßigten Taliban”, sagte Sirajuddin Hakkani vom gleichnamigen Islamisten-Netzwerk, das enge Verbindungen zu den Taliban und zur Al-Kaida unterhält. Die Organisation lasse sich vom Westen nicht auseinanderdividieren.
Das von Hakkanis Vater Jalahuddin gegründete Netzwerk hatte in den 80er Jahren mit Unterstützung der Geheimdienste aus den USA und Pakistan die sowjetische Invasionsstreitmacht bekämpft und bildet nun die Speerspitze des Aufstandes im Süden Afghanistans.
Politik-Experten meldeten Zweifel an, dass ein Dialog mit moderaten Taliban rasch Früchte tragen wird. “Das wird kein leichter Gang”, warnte Professor C. Raja Mohan von der Nanyang-Universität in Singapur. Insbesondere müssten die USA darum bemüht sein, die divergierenden Interessen Indiens und Pakistans unter einen Hut zu bringen. Der UNO-Beauftragte für Afghanistan mahnte zu Gesprächen mit der gesamten Taliban-Bewegung an. Gespräche mit einzelnen Gruppierungen sollten nicht geführt werden, sagte Kai Eide.
Bei Gefechten und einer Bombenexplosion sind in Südafghanistan unterdessen mindestens acht Polizisten und 16 radikalislamische Aufständische getötet worden. Die Polizisten, darunter auch der Kommandant der Einheit, seien am Montag ums Leben gekommen, als sie in der Provinz Kandahar in einen Hinterhalt der Aufständischen gerieten, sagte ein Polizeisprecher. Den Angreifern sei die Flucht gelungen, bevor Verstärkung das Kampfgebiet erreichte. Die Taliban bekannten sich zu dem Angriff.
Soldaten der Internationalen Schutztruppe ISAF töteten in der südafghanischen Unruheprovinz Helmand nach Militärangaben einen Anführer der Aufständischen und neun seiner Gefolgsleute. Der Einfluss von Maulawi Hassan habe sich auf den Norden Helmands sowie in die Nachbarprovinz Oruzgan erstreckt, teilte die NATO-geführte ISAF am Montag mit. Er sei unter anderem in Selbstmordanschläge verwickelt gewesen. Zu der Aktion sei es bereits am Samstag gekommen.
Ebenfalls in Helmand kamen nach Regierungsangaben sechs Taliban- Kämpfer ums Leben, als ein Sprengsatz, den sie transportierten, vorzeitig detonierte. Das Innenministerium in Kabul berichtete am Montag, unter den Toten des Vorfalls vom Vortag sei ein örtlicher Anführer der Aufständischen. Die US-Armee teilte am Montag mit, ihre Soldaten hätten in der südostafghanischen Provinz Khost drei Aufständische gefangen genommen.
US-Präsident Barack Obama im CBS-Interview