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NS-Verbrechern droht späte Strafverfolgung

Fast 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs droht vielen bisher davongekommenen NS-Verbrechern in Deutschland die Strafverfolgung.
Das KZ Auschwitz-Birkenau

Der Grund für die späten Ermittlungen ist das bisher nicht rechtskräftige Urteil gegen den ehemaligen KZ-Wachmann John Demjanjuk im Mai dieses Jahres.

Demjanjuk sei vom Landgericht München wegen Beihilfe zum Mord verurteilt worden, obwohl ihm keine bestimmte Tat nachgewiesen werden konnte, er kein Deutscher sei und die Taten nicht auf deutschem Boden verübt worden seien, sagte Kurt Schrimm, Chef der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen, Reuters TV am Freitag in Ludwigsburg.

Geänderte Rechtssprechung – NS-Prozesswelle?

“Das ist eine Änderung der Rechtssprechung, die uns dazu zwingt, gleich gelagerte Fälle noch einmal aufzugreifen.”, sagte Schrimm, der Leitender Oberstaatsanwalt ist. Er fügte hinzu, dass dies aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes folge.

Demjanjuk war zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Das Gericht hatte es als erwiesen angesehen, dass der 91-jährige gebürtige Ukrainer im Zweiten Weltkrieg Teil des Machtapparats der Nazis war und sich bereitwillig am Massenmord an den Juden beteiligte. Als Kriegsgefangener hatte Demjanjuk demnach den Nazis 1943 im Vernichtungslager Sobibor im heutigen Polen geholfen und fast 28.000 Menschen vorwiegend jüdischen Glaubens in die Gaskammern getrieben.

Vorgänge in Auschwitz und Sobibor im Vordergrund

Oberstaatsanwalt Schrimm sagte, dass sich die Arbeit seiner Behörde auf die Vorgänge in den Vernichtungslagern wie Auschwitz oder Sobibor konzentriere. Eine große Rolle spielten dabei die sogenannten Einsatzgruppen. Schrimm äußerte sich skeptisch darüber, ob noch viele Mitglieder dieser Einsatzgruppen leben. “Eine Zahl kann derzeit nicht einmal entfernt genannt werden”, sagte er. Die Zentralkartei enthält den Angaben der Behörde zufolge rund 1,7 Millionen Karteikarten, gegliedert in Personen, Tatorte und Einheiten.

Schrimm sagte, dass es für die Arbeit seiner Behörde fast unbedeutend sei, ob es zu einer Verurteilung der Verdächtigen komme. Sie seien für die Aufklärung und nicht für die Verfolgung nationalsozialistischer Verbrechen zuständig. Seit ihrer Gründung im Jahr 1958 hat die Behörde 7445 Ermittlungsverfahren eingeleitet.

(APA)

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