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"Notstand" in Wiener Geburtenstationen: Ärztekammer schlägt Alarm

In Wiens Geburtenstationen herrscht Pflegenotstand.
In Wiens Geburtenstationen herrscht Pflegenotstand. ©pixabay.com
Der Klinikvorstand des Wiener AKH schlug am Wochenende Alarm, dass Pflegekräfte auf den Geburtenstationen in Wien fehlen würden. Heute schließt sich auch die Ärztekammer der Kritik an.

Die Ärztekammer schlägt Alarm. Sie ortet einen "massiven Notstand" in der neonatologischen Versorgung in Wiens Spitälern. Sowohl bei Ärzten als auch im Pflegebereich gebe es einen Mangel, übte Kammer-Vizepräsident Wolfgang Weismüller am Montag per Aussendung scharfe Kritik an der Stadt, die die Missstände ignoriere.

Auslöser der Debatte war ein Aufschrei des Vorstands der Wiener Universitätsklinik für Frauenheilkunde am Wiener AKH, Peter Husslein. Er hatte in einem Mail an die AKH-Führung einen Pflegenotstand in der Neugeborenenstation beklagt und dafür das "krasse Versagen der gesamten Gesundheitspolitik in Wien" verantwortlich gemacht, wie die "Kronen Zeitung" am Wochenende berichtete. Demnach würden 160 Pfleger fehlen. Schwangere müssten weggeschickt werden, auch die Mitarbeiter seien schwer belastet.

Zu wenige Pflegepersonal in Wiener Spitälern

Husslein bestätige, wovor man seit Monaten warne, schaltete sich die Kammer am Montag ein. "Wir haben in allen Wiener Gemeindespitälern und im AKH einen massiven Pflegemangel und in den Gemeindespitälern zudem einen Ärztemangel", konstatierte Weismüller. Dieser betreffe speziell die Neonatologie. Den seitens der Stadt Wien zu ignorieren, zeuge entweder von Unwissenheit oder sei eine bewusste Falschdarstellung.

Ins Visier nahm die Ärztevertretung vor allem Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Die Kammer verübelte es dem Ressortchef, gegenüber der "Kronen Zeitung" von einem "Mikroproblem" gesprochen zu haben. "Dem Professor (Husslein, Anm.) sind die Pfleger weggelaufen. Ich werde sicher keine Leute aus anderen Spitälern ins AKH zwangsversetzen", wird Hacker zitiert. Jede Schwangere könne ihr Kind in Wien zur Welt bringen, wenn sie wolle: "Wir haben keinen Engpass in der Neonatologie."

Peter Hacker beschwichtigt

Weismüller warf Hacker vor, Probleme gebetsmühlenartig zu bagatellisieren oder überhaupt in Abrede zu stellen. Stattdessen sollte der Gesundheitsstadtrat endlich ausreichend Ressourcen zur Verfügung stellen. Er forderte außerdem einen "Krisengipfel".

Hacker selbst hatte in der Vorwoche erklärt, dass die Personalsituation im Pflegebereich vor großen Herausforderungen stehe. Allein bis 2030 würden infolge von Pensionierungen und der Altersentwicklung in der Bevölkerung mehr als 9.000 neue Pflegekräfte benötigt. Dabei ging es allerdings um die Situation in der Langzeitpflege - also in Heimen oder in der mobilen Betreuung. Der Akutbereich in Krankenhäusern ist in dieser Berechnung nicht inkludiert.

KAV garantiert: Versorgung in Wien gesichert

Infolge des Ärztekammer-Aufschreis zum angeblichen Personalmangel im Bereich der Neonatologie (Versorgung von Frühchen) und in Geburtsstationen in Wien hat sich am Dienstagnachmittag nun der Krankenanstaltenverbund zu Wort gemeldet. In beiden Bereichen sei die Versorgung gesichert, beruhigte der Medizinische KAV-Direktor Michael Binder. "Herausforderungen" gebe es aber in der AKH-Neonatologie.

In der aktuellen Debatte würden zwei Dinge vermischt - nämlich Geburtshilfe und Neonatologie, beklagte Binder in einer Aussendung: "Hier werden Menschen völlig zu Unrecht verunsichert." Fest stehe: "Jede Wienerin kann ihr Kind selbstverständlich in einem Wiener Spital entbinden." Es gebe 18.000 Geburtsplätze in den öffentlichen Krankenhäusern. Mit der Inbetriebnahme des zentralen Geburtsanmeldeservices sei es zudem seit dem Frühjahr leichter, einen Platz im Wunschspital zu bekommen.

Rekrutierung von Fachkräften für Neonatologie schwierig

Davon zu unterscheiden sei die medizinische Versorgung von Frühgeborenen ab der 23. Schwangerschaftswoche. Hier sei die psychische Belastung bei Pflegekräften besonders groß, was auch erkläre, "weshalb es schwierig ist, genügend Fachkräfte für die Neonatologie zu rekrutieren und zu halten", räumte der KAV ein. Das auf diesen Zweig spezialisierte AKH sei freilich hier besonders von Fluktuationen betroffen. Peter Husslein, Vorstand der Wiener Universitätsklinik für Frauenheilkunde, hatte zuletzt in einem Mail von 160 fehlenden Pflegekräften gesprochen.

"Wir haben nie bestritten, dass wir an dieser Stelle vor der Herausforderung stehen, Dienstposten immer wieder neu zu besetzen", meinte AKH-Direktor Herwig Wetzlinger, der auch stellvertretender KAV-Generaldirektor ist, heute: "Das ist und wird vermutlich immer eine Herausforderung bleiben. Es ist eine psychisch sehr belastende Arbeit, der die Pflegerinnen und Pfleger sich täglich zu stellen haben." Und er fügte hinzu: An den anderen KAV-Häusern habe man "viel weniger Mühe", genügend neonatologische Pflegekräfte zu finden.

(APA/Red)

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