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Notar: Betrug oder Schlamperei?

Ein Wiener Notar ist im Straflandesgericht wegen versuchten schweren Betrugs, Veruntreuung und Missbrauchs der Amtsgewalt zu 2,5 Jahren Haft, davon 10 Monate unbedingt, verurteilt worden.

Sollte das Urteil in Rechtskraft erwachsen – Verteidiger Elmar Kresbach kündigte Rechtsmittel an -, kann sich der 50-jährige Jurist nach Verbüßung seiner Strafe nach einem neuen Job umsehen.

Amtsverlust bei Verurteilung

Die Notariatsordnung sieht nämlich ex lege den Amtsverlust vor, wenn ein Notar von einem inländischen Gericht wegen einer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlung zu mehr als einem Jahr Haft verurteilt worden ist.

Dubiose Vorgänge nach Erbschaftssache

Der Notar war von seiner Standesvertretung suspendiert worden, nachdem dubiose Vorgänge im Zusammenhang mit dem Ableben eines 89-jährigen Mannes ruchbar wurden, zu dessen Sachwalter der 50-Jährige im Februar 2005 bestellt worden war. Staatsanwältin Gabriele Mucha legte ihm nun im Grauen Haus zur Last, versucht zu haben, sich an dessen Vermögen zu bereichern: „Es war reine Geldgier!“

Als der 89-Jährige im Sommer 2005 starb, hatte sich der Notar zunächst bei der Abwicklung der Verlassenschaft auch zum Gerichtskommissär machen lassen und eine so genannte Todesfallaufnahme erstellt, was auf Grund von möglichen Interessenskollisionen an sich den Standesregeln widerspricht.

Das sei ihm nicht bewusst gewesen, machte der Mann vor dem Schöffensenat (Vorsitz: Roland Weber) geltend. Er sei einem „Rechtsirrtum“ aufgesessen.

Weitaus schwerwiegender waren allerdings die Vorwürfe, die daran anknüpften. Der Angeklagte hatte bei der Wohnungsbegehung vier Sparbücher des Verstorbenen entdeckt und diesen Fund ganz einfach verschwiegen. Vielmehr bediente er sich eines langjährigen Freundes, den er mit den Sparbüchern, dem stets gleich lautenden Losungswort „Paris“, das er inzwischen herausbekommen hatte, und einer nachträglich gefälschten Vollmacht des 89-Jährigen ausstattete.

Damit und mit einem Lichtbildausweis des Toten sollte der Freund auf der Bank die Sparbücher mit einer Gesamteinlage von 173.000 Euro auflösen, was jedoch misslang.

Geldgier oder nur schlechte Optik?

Die Optik sei zwar „nicht ideal, aber ein Tatplan ist nur mit bösem Willen ableitbar“, hielt Verteidiger Elmar Kresbach der Anklage entgegen. Der Notar behauptete, er sei an dem Baren gar nicht interessiert gewesen. Er habe seinen Freund „als Boten“ benutzt und auf die Bank geschickt, wo man ihm ein Anderskonto benennen hätte sollen, auf das er die ansehnliche Summe selbstverständlich überwiesen hätte.

Die Staatsanwältin belächelte diese Verantwortung und geißelte den Juristen verbal: „Er hat seine Funktion schamlos ausgenutzt!“ Dies zeige ein zweiter, von der Anklage mitumfasster Fall: Bei einer Haudurchsuchung im Büro des Notars fand sich in einer Schreibtischschublade eine Schatulle mit einem Ring und zwei Halsketten. Der Schmuck gehörte einer ebenfalls bereits verstorbenen Frau, die der Mann als Sachwalter betreut hatte.

Nur “vergessen”

Natürlich habe er sich den Schmuck nicht unter den Nagel gerissen, versicherte der Angeklagte. Er habe diesen in der Schublade „vergessen“. Außerdem sei das Ganze einem Schätzgutachten zufolge nur 234 Euro Wert. Wie könne man da nur auf die Idee kommen, dass er bereit sei, dafür seinen Job aufs Spiel zu setzen, fragte der 50-Jährige.

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