Blair und der irische Regierungschef Bertie Ahern hatten seit Donnerstag mit den nordirischen Konfliktparteien verhandelt. Jedoch hatte sich insbesondere die protestantische Democratic Unionist Party (DUP) von Ian Paisley in den Gesprächen nicht kompromissbereit gezeigt.
Beide Politiker betonten, eine Einigung sei immer noch möglich. Alles hänge nun von den Konfliktparteien ab: von Sinn Fein, dem politischen Flügel der Untergrundorganisation IRA, auf der einen Seite und der radikalen protestantischen Partei DUP auf der anderen. Die britische und die irische Regierung würden aber keine neuen Kompromissvorschläge mehr auf den Tisch legen, versicherten Blair und Ahern.
Bei den Gesprächen im britischen Leeds Castle ging es um den Versuch, eine gemeinsame katholisch-protestantische Regierung zwei Jahre nach ihrem Scheitern wiederzubeleben. Zwar war nicht mit einem Durchbruch gerechnet worden, dennoch kursierten Gerüchte über Kompromissangebote der Parteien. Es sei noch kein umfassendes Abkommen erreicht worden, sagte Blair.
Doch Gespräche auf unteren Ebenen sollten in der kommenden Woche den Weg zum Durchbruch ebnen. Die Chance, die hier erreicht wurde, ist riesig. Allerdings machten Blair und sein irischer Kollege Bertie Ahern einen resignierten und erschöpften Eindruck. Es war bereits der dritte Verhandlungsmarathon in zwei Jahren, der keine Annäherung zwischen den Konfliktparteien brachte. In den Schlüsselfragen haben wir Fortschritte erzielt, sagte Ahern. Es war aber nicht möglich, eine vollständige Einigung zu erzielen. Auf die Frage, ob er nicht frustriert sei, antwortete er: Das ist keine Frage von Frustration.
Die protestantische Democratic Unionist Party (DUP) des Pfarrers Ian Paisley verlangte, dass die Irisch-Republikanische Armee (IRA) verbindlich und mit Angabe einer konkreten Frist ihre völlige Entwaffnung erklärt. Einem angeblichen Kompromissvorschlag zufolge war die IRA tatsächlich bereit, sich zu entwaffnen und erstmals offiziell jeglicher Gewalt abzuschwören. Wie am Freitag aus Delegationskreisen verlautete, brachte die IRA-nahe Partei Sinn Fein schon einen entsprechenden Text in Umlauf.
Im Gegenzug forderte Sinn Fein die Garantie, dass die DUP zur Neuauflage einer Allparteien-Regierung bereit ist. Dies ist das zentrale Element des Karfreitagsabkommens von 1998. Eine solche Regierung zerbrach vor zwei Jahren wegen der Weigerung der Protestanten, nach einem von der IRA verursachten Spionageskandal weiter mit Sinn Fein zusammenzuarbeiten.
Die Gespräche unter der Schirmherrschaft von Blair und seinem irischen Kollegen Bertie Ahern hatten am Donnerstag mit einem formellen Aufruf zur Entwaffnung der IRA begonnen, wie es die probritischen Protestanten gefordert hatten. Nordirland wird seit zwei Jahren wieder von London aus regiert. Die britische Regierung hatte die Selbstverwaltung der Provinz 2002 eingefroren, um einem unmittelbar bevorstehenden Bruch der katholisch-protestantischen Regionalregierung zuvorzukommen.