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Nord- und Südkorea beenden Propagandakrieg

Mehr als Fünfzig Jahre nach Ende des Korea-Kriegs ist entlang der Grenze Ruhe eingekehrt. Erstmals schwiegen die Propaganda-Lautsprecher.

Mehr als fünfzig Jahre nach Ende des Korea-Kriegs haben Nord- und Südkorea ihren Propagandakrieg eingestellt. Auf beiden Seiten der bestbewachten Grenze der Welt wurden am Dienstag kurz nach Mitternacht Dutzende von Lautsprechern abgestellt, über die fünfzig Jahre lang die andere Seite mit Propagandameldungen und -slogans beschallt worden war. Mit einem letzten Aufruf zu „Frieden, Versöhnung und Zusammenarbeit“ erloschen gleichzeitig auf südkoreanischer Seite rund hundert elektronische Tafeln.

Am Mittwoch wollen Nord- und Südkorea mit dem Abbau der Lautsprecher, Tafeln und gigantischen Propagandaposter entlang der 248 Kilometer langen Grenze beginnen. Der Abbau war Anfang Juni bei ersten Beratungen süd- und nordkoreanischer Generäle über vertrauensbildende Maßnahmen vereinbart worden. Bereits am Montag hatten Kriegsschiffe aus Süd- und Nordkorea erstmals Funkbotschaften ausgetauscht; am Dienstag wurde dann zum ersten Mal eine ständige Verbindung eingerichtet, um Zusammenstöße und Gefechte auf See künftig zu vermeiden.

51 Jahre nach Ende der Kampfhandlungen sind Pjöngjang und Seoul immer noch ohne Friedensvertrag. Mit dem historischen Gipfeltreffen vor vier Jahren zwischen den damaligen südkoreanischen Präsidenten Kim Dae Jung und dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Il wurde jedoch eine Phase der Entspannung eingeleitet. Kim Dae Jungs Nachfolger Roh Moo Hyun begrüßte das Ende des Propagandakriegs an der Grenze. Gleichzeitig stellte er dem nördlichen Nachbarn umfangreiche Wirtschaftshilfe in Aussicht, falls er auf sein Atomprogramm verzichten sollte. Seine Regierung arbeite bereits an konkreten und umfassenden Programmen zur Ankurbelung der nordkoreanischen Wirtschaft, erklärte Roh in einer Rede zum vierten Jahrestag des Gipfels. Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Il sprach sich seinerseits für einen Ausbau der beiderseitigen Beziehungen „angesichts der derzeitigen günstigen Dynamik“ aus.

Mittwoch in einer Woche beginnt in Peking die dritte Runde der Sechs-Länder-Gespräche über das umstrittene nordkoreanische Atomprogramm. Die USA werfen Nordkorea vor, am Bau von Atomwaffen zu arbeiten, und fordern das nachprüfbare und vollständige Ende des Programms. Die Führung in Pjöngjang beharrt hingegen darauf, dass Washington den ersten Schritt tut und Wirtschaftshilfe bereitstellt. Der Atomstreit schwelt seit Herbst 2002; die bisherigen Gespräche zwischen den beiden Koreas, Japan, Russland, China und den USA im August 2003 sowie im Februar waren ohne greifbare Ergebnisse geblieben. Äußerungen aus Pjöngjang am Dienstag ließen nicht darauf schließen, dass Nordkorea in der neuen Runde eine flexiblere Haltung einnehmen wird.

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