Wo sich Kirche noch viel von ihrer Selbstverständlichkeit bewahrt hat, tragen viele Menschen am Sonntag s Sunntaghäs. Weil der Tag als Festtag begangen wird, als willkommene Abwechslung zwischen den Alltäglichkeiten. In Bezau zum Beispiel ist das so. Sonntags zieht Ingrid Troy ihre Juppe an. Auch heute, an Christi Himmelfahrt, deckt sie den Ausschnitt ihres Mieders mit einem kostbar bestickten Blätz ab. Das Nackentuch dr Gollar hat sie von ihrer Großmutter geerbt. Den Gürtel hat ihr die Schwiegermutter zur Hochzeit geschenkt. Den Schäohut einen schwarzen Strohhut hat Ingrid Troy extra anfertigen lassen. Jedes Stück hat seine Geschichte. Die Bregenzerwälder Tracht kleidet ungemein. Vor allem steht sie für eine lange ununterbrochene Tradition. So wie die Kirche ja auch.
25 Jahre ehrenamtlich dabei
Ingrid Troy arbeitet seit 25 Jahren in der katholischen Kirche ehrenamtlich mit. Bei Priestern würde man von Berufung reden, aber das sagt man bei uns nicht. Bei uns. Bei den Laien also, dem noch immer vielköpfigen Rückgrat der katholischen Kirche. Seit 18 Jahren leitet Troy den Liturgiekreis der Bezauer Pfarrei. Die langjährige Pfarrgemeinderätin bringt seit ihrem Wiedereinstieg ins bezahlte Berufsleben Hauptschülern die Grundlagen der Religion bei. Hartes Brot? Ingrid Troy hört sich nicht so an. Sie unterrichtet in derselben Selbstverständlichkeit, in der sie sonntags in die Kirche geht. Mir ist wichtig, dass die Schüler manche Dinge einfach einmal gehört haben. Also, dass sie z. B. wissen, was wir an Christi Himmelfahrt feiern, dass sie wenigstens einmal von Moses gehört haben und was so alles zur Bibel dazugehört. Außerdem will Ingrid Troy den Kindern eine Haltung der Dankbarkeit vermitteln. Es wird uns doch so viel geschenkt im Leben, findet die zweifache Mutter. Ein jedes Kind kommt morgens aus einem warmen Bett, sie haben Frühstück gekriegt und wenn sie nach Hause kommen, wird für sie gekocht. Ingrid Troy möchte ihren Schülern noch ein wenig Staunen vermitteln, und seis über das saubere Wasser aus dem Wasserhahn.
Der Schöpfung zuliebe
An Christi Himmelfahrt 2011 ist der Himmel gnädig. Ein strahlender Tag steht bevor. Der Prozession steht nichts im Wege. Heuer ziehen die Bezauer mit Monstranz und Fahnen zum Gebauer Moos. Dort erwarten sie drei Altäre, an denen gesungen und gebetet wird. Unser Anliegen ist die Schöpfung. Und die hat, geschunden wie sie ist, beileibe Gebete nötig. Gut 150 Gläubige, schätzt Ingrid Troy, werden mitgehen. Sie hat das nie genau gezählt. Auch an Bezau sind die Jahre der Kirchenkrise nicht spurlos vorbei gegangen. Aber noch herrscht kein Mangel. Auf die 70 Ministranten ist Ingrid Troy wenigstens so stolz wie auf die 15 Maxistranten, die 20 Jahre und älter sind. Mit dem benachbarten Bizau teilen sich die Bezauer seit fünf Jahren den Pfarrer. Das BeBi-Team sorgt für reibungslose Abläufe. Ingrid Troy malt nicht das Bild einer heilen Welt, keineswegs. Aber sie erzählt von redlichem Bemühen. Und man mag sich gut vorstellen, dass ihre erfrischend natürliche Erscheinung in der edlen Wäldartracht vor einem Jahr zu Christi Himmelfahrt in Mariazell dem Kardinal Christoph Schönborn einen Ausruf der Freude entlockt hat. Die Kirche, von Krisen und Zukunftsängsten gebeutelt, sehnt sich wohl nach Menschen, die ihr Leben als Geschenk begreifen und deshalb ungezwungen und selbstverständlich mitarbeiten. So alt Kirche und Tracht sind, mit so viel Hochachtung und Zuneigung spricht Ingrid Troy von beidem.
ZUR PERSON
Ingrid Troy ganz selbstverständlich geht Ingrid Troy an Christi Himmelfahrt in der Juppe zur Prozession.
Geboren: 20. August 1968 in Bezau
Ausbildung: PädAk
Laufbahn: Hauptschullehrerin, dann 14 Jahre daheim als Hausfrau und Mutter, seit 2005 wieder Religionslehrerin
Familie: verheiratet, zwei Töchter