AA

NL: Sperrwall verstößt gegen Völkerrecht

Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag hat die israelische Sperranlage im Westjordanland am Freitag laut Medienberichten für völkerrechtswidrig erklärt.

„Israel baut als Besatzungsmacht im besetzten Palästinensergebiet eine Mauer“, dies verstoße gegen „internationales Recht“, hieß es in einer auf einer palästinensischen Internetseite vorab veröffentlichten angeblichen Kopie des Richterspruches. Das Gericht rief demnach den Weltsicherheitsrat und die UN-Vollversammlung zur Beendigung dieser „illegalen Situation“ auf. Die Palästinenser begrüßten die Entscheidung. Israel wies das Gutachten als „absurd“ zurück. Der Bau der Anlage werde fortgesetzt.

Der IGH wollte sein mit Spannung erwartetes Gutachten, das er auf Antrag der UN-Vollversammlung erstellte, erst am Nachmittag um 15.00 Uhr offiziell verkünden. Mehrere Medien zitierten jedoch schon vorab aus dem Text, darunter die israelische Tageszeitung „Haaretz“. Laut dem palästinensischen Online-Medium „www.electronicintifada.net“ forderten die Richter Israel auf, „die Arbeiten an der Mauer augenblicklich einzustellen.“ Die bereits fertig gestellten Teilstücke müssten wieder abgerissen werden.

Der Gerichtshof kritisierte demnach insbesondere den Bau der Mauer um das vorwiegend von Arabern bewohnte Ost-Jerusalem, das 1967 im Sechs-Tage-Krieg von Israel besetzt und später annektiert worden war. Palästinenser, die durch die Anlage Schaden erlitten hätten, müssten entschädigt werden. Die internationale Staatengemeinschaft dürfe nichts tun, was die aus der Sperranlage herrührende „illegale Situation“ verlängern könnte. Die Richter fällten ihre Entscheidung laut den Berichten mit 14 zu einer Stimme. Allein der US-Vertreter in dem Gremium habe dagegen gestimmt.

Ein Vertreter der Palästinenser nannte den Richterspruch einen „großen Sieg“. Die Entscheidung könne den moderaten Kräften in den Reihen der Palästinenser Auftrieb geben, sagte ein Rechtsberater der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO.

Das Gutachten des UN-Gerichts ist nicht rechtlich bindend. Es könnte die internationale öffentliche Meinung dennoch weiter zu Ungunsten Israels beeinflussen. Die Palästinenser kritisieren insbesondere, dass die bei ihrer Fertigstellung 730 Kilometer lange Anlage weit in palästinensisches Territorium hineinreicht. Aus ihrer Sicht will Israel damit mehrere jüdische Siedlungen in den Palästinensergebieten endgültig dem eigenen Territorium zuschlagen.

Die israelische Regierung bekräftigte am Freitag ihre Position, wonach die Sperranlage lediglich eine Sicherheitsfunktion habe und Selbstmordanschläge verhindern solle. Der IGH habe die Aufgabe der Anlage „im Kampf gegen den Terrorismus“ nicht berücksichtigt, sagte ein israelischer Regierungsvertreter. Israel habe daher keinen Grund, sich der „absurden“ Entscheidung zu beugen.

Israel sprach dem Gericht zudem die Zuständigkeit ab. Es obliege allein Israel und den Palästinensern, im Rahmen einer Friedensvereinbarung über die Sperranlage zu reden, sagte Regierungssprecher Avi Pazner dem französischen Rundfunksender Radio France International (RFI). Justizminister Tommy Lapid warf den Richtern in Den Haag vor, eine Israel-feindliche Position einzunehmen. Für Israel zähle allein die Entscheidung des obersten israelischen Gerichtshofs. Dieser hatte in der vergangenen Woche den Verlauf der Sperrzauns teilweise für rechtswidrig erklärt, seine Rechtmäßigkeit an sich aber nicht in Frage gestellt.

Die EU zeigte sich durch die Entscheidung des UN-Gerichts in ihrer Kritik an der Anlage bestätigt. Ein Sprecher verwies auf mehrere Stellungnahmen der EU, wonach die Gemeinschaft insbesondere hinsichtlich des Verlaufs der Sperranlage jenseits der so genannten grünen Linie besorgt sei. Die Botschaft der Den Haager Richter sei klar, erklärte der außenpolitische Sprecher der Grünen, Ludger Volmer. Die israelischen Sicherheitsinteressen rechtfertigten nicht die Annexion von Teilen der Palästinensergebiete.

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • NL: Sperrwall verstößt gegen Völkerrecht
  • Kommentare
    Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.