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NL: Schärferes Vorgehen gegen Extremisten

Die niederländische Regierung will künftig schärfer gegen gewaltbereite Extremisten vorgehen. Das haben die für die Innere Sicherheit zuständigen Minister in einem Bericht an das Parlament angekündigt.

Über das Attentat begannen die Abgeordneten am Donnerstag eine Debatte. Zugleich teilte die Justiz mit, dass bei dem Anti-Terror-Einsatz am Vortag in Den Haag drei Handgranaten entdeckt wurden. Sie lagen in der Wohnung von zwei mutmaßlichen islamischen Extremisten, deren Festnahme in einer abgeriegelten Zone sich den ganzen Tag hingezogen hatte.

Die in Den Haag Festgenommenen sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft Niederländer im Alter von 19 und 22 Jahren. Sie sollen am Freitag dem Haftrichter vorgeführt werden. Die Justiz wirft ihnen Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation, Verschwörung zum Mord aus terroristischen Motiven und Mordversuch an Polizisten vor. Bei der Festnahme waren zwei Polizisten durch eine explodierende Handgranate schwer verletzt worden. Die Männer stehen offenbar auch in Verbindung zu einem mutmaßlichen Hintermann der Bombenanschläge von Casablanca, bei denen im Mai vergangenen Jahres 45 Menschen getötet worden waren. Einer der beiden Verdächtigen aus Den Haag sei im Oktober 2003 nach Spanien gereist, um dort Kontakt zu dem Marokkaner Abdeladim Akoudad aufzunehmen, sagte ein Mitarbeiter des spanischen Innenministeriums am Donnerstag in Madrid. Bei Akoudads Festnahme im selben Monat sei zudem ein Dokument mit dem Namen des zweiten Verdächtigen aus Den Haag gefunden worden.

In ihrem mit Spannung erwarteten Bericht für die Abgeordneten bestritten die Minister, dass Van Gogh vor dem Attentat am 2. November unzureichend beschützt worden sei. Der islamkritische Filmemacher sei wegen seiner Äußerungen zwar gefährdet gewesen, räumten Minister Johan Remkes (Inneres), Piet Hein Donner (Justiz) und Rita Verdonk (Ausländerfragen) ein. Anlass für konkrete Schutzvorkehrungen habe es aber nicht gegeben.

Der kurz nach dem Mord als Tatverdächtiger festgenommene 26 Jahre alte Niederländer marokkanischer Herkunft sei keine Schlüsselfigur in den Kreisen extremer Muslims gewesen, erläuterten sie weiter. Der Verfassungsschutz hatte zwar „Kennzeichen einer voranschreitenden Radikalisierung“ erkannt, nach Darstellung der Minister aber keine Hinweise dafür gesehen, dass der Mann einen Anschlag plante.

In Zukunft sollen die Dienste mehr Verdächtige überwachen können und dafür mehr Geld erhalten, kündigten die Regierungsmitglieder an. Der Personen- und Objektschutz solle ausgebaut werden. Gemeinden und Instanzen der öffentlichen Verwaltung sollten besser als bisher über drohende Gefährdung durch gewaltbreite Extremisten unterrichtet werden. Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft will die Regierung notfalls die niederländische Nationalität nehmen. Außerdem will sie Moscheen schließen, wenn von ihnen Störungen der öffentlichen Ordnung ausgehen. Imame, die radikale Ideologien predigen, sollen nicht ins Land gelassen oder auch ausgewiesen werden können.

Unterdessen drehte sich die Spirale der Gewalt weiter, die seit dem Van-Gogh-Attentat in den Niederlanden zur Beschädigung oder Vernichtung von Moscheen, Koranschulen und Kirchen geführt hatte. Allein am Donnerstagabend wurden christliche Gotteshäuser in Rotterdam und Utrecht und eine katholische Schule in Eindhoven durch Brandstiftung beschädigt. In Venray nahm die Polizei zwei Männer mit mehreren Molotow-Cocktails fest, weil sie angeblich eine Moschee in Brand setzen wollten.

Der Vorsitzende der niederländischen Partei „Liste Pim Fortuyn“ (LPF), Sergej Moleveld, hat nach Angaben der Justiz einen angeblichen Drohbrief islamistischer Extremisten gefälscht. Den Drohbrief habe der 33-Jährige mit dem Absendernamen einer islamischen Gruppe versehen und per Fax an sich selbst sowie den LPF-Abgeordneten Mat Herben geschickt, teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit. Moleveld sei in Rotterdam festgenommen worden und habe ein Geständnis abgelegt.

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