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NL: Neu gewähltes Parlament

Drei Wochen nach der Wahl hat sich das neue niederländische Parlament in der umstrittenen Einwanderungspolitik gegen die noch amtierende Regierung durchgesetzt:

Ministerpräsident Jan Peter Balkenende kündigte in der Nacht zum Donnerstag an, die umstrittene Ministerin Rita Verdonk werde ihren Posten aufgeben. Außerdem werde die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber sofort gestoppt.

Das Einwanderungsressort werde bis auf weiteres Justizminister Ernst Hirsch Ballin übernehmen, erklärte Balkenende fast zwölfstündiger Debatte. Verdonk werde im Kabinett aber weiterhin für Integration zuständig sein. Oppositionsführer Wouter Bos begrüßte die Ankündigung des Ministerpräsidenten als einen Sieg für die Asylsuchenden und für das Parlament.

Die Abgeordneten hatten der Ministerin am Mittwoch formell eine Rüge ausgesprochen, daraufhin wurde mit deren Rücktritt gerechnet. Die übrigen Minister von Verdonks rechtsliberaler Partei VVD drohten für diesen Fall zunächst die Niederlegung aller Ämter an. Regierungschef Balkenende vom Bündnis der Christdemokraten (CDA) erklärte jedoch, die VVD habe sich im Interesse des Landes entschlossen, die Arbeit fortzuführen.

Einwanderungsministerin Verdonk hatte sich geweigert, die geplante Ausweisung von 26.000 abgelehnten Asylbewerbern auf eine Entscheidung des Parlaments hin zu stoppen. Einige der Asylsuchenden leben bereits seit mehr als zehn Jahren in den Niederlanden.

Mit der Ablöse Verdonks scheint eine politische Krise in den Niederlanden vorerst abgewendet. Wäre die Regierung aufgrund des Abschiebungsstreits zurückgetreten, hätte dem Land bis zum Abschluss der aktuellen Koalitionsverhandlungen eine Zeit ohne Regierung gedroht.

Nach der niederländischen Verfassung bleibt die scheidende Regierung nach einer Parlamentswahl noch so lange im Amt, bis ein neues Kabinett vereidigt werden kann. Sie soll aber keine wichtigen politischen Entscheidungen mehr treffen, wenn diese aufschiebbar sind. Auch die Entlassung eines scheidenden Ministers ist deshalb höchst ungewöhnlich. Gleichwohl wandten sich die Abgeordneten gegen Verdonk, weil sie sich weigerte, einen vom Parlament beschlossenen vorübergehenden Abschiebestopp für illegal Eingewanderte umzusetzen. Verdonk, die auch als „Eiserne Rita“ bezeichnet wird, ist mit ihrem harten Kurs gegenüber Ausländern wiederholt ins Kreuzfeuer der Kritik geraten.

Bei der Parlamentswahl am 22. November wurden Balkenendes Christdemokraten zwar als stärkste Fraktion bestätigt. Wegen hoher Verluste der VVD war eine Fortsetzung der alten Regierungskoalition aber nicht möglich. Die Verhandlungen zur Bildung einer neuen Regierung dauern an.

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