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NL: Milosevic kommt bei UNO-Tribunal zu Wort

Zwei Jahre lang hat die Anklage ihre Vorwürfe der Kriegsverbrechen und des Völkermords gegen den einstigen jugoslawischen Staatspräsidenten Slobodan Milosevic erläutert.

Nach einer Pause von 18 Wochen beginnt der 62-Jährige an diesem Montag vor dem UN-Tribunal in Den Haag seine Verteidigung. 150 Sitzungstage haben ihm die drei Richter dafür Zeit gegeben, beginnend mit einer vierstündigen Einleitung. Milosevic verzichtet weiter auf Vertretung durch einen Anwalt vor dem Gericht, das er nach wie vor nicht anerkennt.

Der wortgewandte und streitbare Ex-Politiker hat seit Beginn des Prozesses am 12. Februar 2002 immer wieder klar gemacht, dass er alle Vorwürfe über seine Verantwortung für Verbrechen und Gräueltaten in den neunziger Jahren in Kroatien, in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo für Fälschungen hält. „Die andere Seite“, wie er die Ankläger bezeichnet, handele im Auftrag westlicher Mächte, die Serbien zerstören wollten. Er aber vertrete die Wahrheit und kämpfe für sein Volk, sagte er immer wieder. Für seine Anhänger daheim, die dem Verfahren über tägliche Fernsehübertragungen aus Den Haag folgen können, klingt dies wie Musik in den Ohren.

Die Richtung seiner geplanten Verteidigung wurde auch durch die Ankündigung deutlich, dass er unter anderen Ex-US-Präsident Bill Clinton, den britischen Premierminister Tony Blair und den deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder als Zeugen laden will. Früher hatte Milosevic auch den französischen Präsidenten Jacques Chirac, den deutschen Ex- Bundeskanzler Helmut Kohl und den früheren Außenminister Hans- Dietrich Genscher genannt. Insgesamt 1400 Zeugen will er zur Stärkung seiner Thesen aufrufen. Sicher ist, dass nur ein Bruchteil davon in der verfügbaren Zeit zu Wort kommen könnte.

Mit Spannung wird erwartet, wie Milosevic auf das Verlangen der Richter reagiert, seinen Antrag auf Einsatz juristischer Zwangsmittel zur Zeugenladung schriftlich zu stellen. Die Forderung wurde bei einer Sitzung zur Vorbereitung der Verteidigung am 17. Juni erhoben. Einen solchen Schritt aber scheut Milosevic wie der Teufel das Weihwasser. Weil er andernfalls das Gericht anerkenne, reiche er prinzipiell nichts schriftlich ein, entgegnete er. Sein Versuch, einen Verbindungsbeamten zum Gericht als Ausweg einzuschalten, ist von den Richtern blockiert worden.

Das Tribunal müht sich, den Anschein jeglicher Parteilichkeit zum Nachteil von Milosevic zu vermeiden. Darauf achten auch zwei eigens angestellte Juristen. Sie haben Zweifel angemeldet, dass die Anklage Milosevics Verantwortung ausreichend bewiesen habe. Die Richter waren nicht ihrer Meinung. Sie folgten aber der Forderung der Ärzte, auf die Gesundheit des früheren starken Manns auf dem Balkan Rücksicht zu nehmen. Wegen des Bluthochdrucks und der Herzprobleme von Milosevic wird nur an drei Wochentagen verhandelt, mit möglichst viel Ruhezeit zwischendurch.

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