Die Parteien der Mitte haben bei der Parlamentswahl am Mittwoch deutlich an extreme Gruppierungen auf der Linken und Rechten verloren.
Balkenendes Christdemokraten (CDA) bleiben mit 41 Abgeordneten stärkste Fraktion im 150-köpfigen Parlament. Sie lagen am Donnerstag nach Auszählung fast aller Stimmen deutlich vor der führenden Oppositionspartei, der Partei der Arbeit (PvdA). Die Sozialdemokraten unter Wouter Bos verloren zehn Mandate und kommen noch auf 32 Sitze. Die CDA musste drei Sitze abgeben.
Auf der Linken wanderten zahlreiche Wähler zur extremen Sozialistischen Partei (SP) ab, die ihren Anteil im Parlament mit 26 Sitzen fast verdreifachen konnte. Die Sozialisten überholten sogar noch Balkenendes bisherigen Koalitionspartner VVD, der nur noch die viertstärkste Fraktion ist. Die Rechtsliberalen verloren an die neue Anti-Einwanderer-Partei des populistischen Geert Wilders. Seine Partei für Freiheit (PVdV) eroberte auf Anhieb neun Sitze. Der 43-Jährige Wilders hatte im Wahlkampf gegen die Islamisierung der Niederlande gewettert.
Wilders und die Sozialisten zählen zugleich zu den entschiedensten Gegnern der EU-Verfassung, die seit dem Nein aus den Niederlanden und Frankreich vor mehr als einem Jahr auf Eis liegt. Dass sie gestärkt aus der ersten Wahl nach dem Verfassungsreferendum hervorgehen, erschwert die Bemühungen um einen neuen Anlauf in der Frage. Deutschland will als nächste Ratspräsidentschaft der Europäischen Union (EU) die Diskussion über das Vertragswerk beleben. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Niederlande und Frankreich zu Vorschlägen aufgefordert.
Balkenende wurde von einem Wirtschaftsaufschwung zum Sieg getragen, der nach unpopulären Reformen rechtzeitig vor der Wahl eingesetzt hat. Wie viel er in Zukunft von seiner unternehmensfreundlichen Politik und dem harten Einwanderungskurs durchsetzen kann, hängt von den Koalitionspartnern ab. Staatsoberhaupt Königin Beatrix wird innerhalb der nächsten Tage, einen vorläufigen Vermittler mit Sondierungsgesprächen für die nächste Regierung beauftragen. Der Prozess könnte sich aber Monate hinziehen.
Das Ergebnis ist kompliziert, räumte Balkenende am Wahlabend vor jubelnden Anhängern ein. Es liegt ein harter Weg vor uns. Der Regierungschef versprach eine soziale und solide Politik sowie Entschlossenheit und einen kühlen Kopf, um die Bedingungen dafür zu schaffen.
Weder Balkenendes derzeitige Koalition mit der wirtschaftsliberalen VVD noch die Linke aus Sozialdemokraten, SP und Grünen kommen auf eine Mehrheit im Parlament. CDA und PvdA könnten zwar trotz ihrer Differenzen bei Steuern, Renten- und Einwanderungspolitik eine Koalition versuchen. Aber selbst ein solches Bündnis verfehlt die nötigen 76 Stimmen. Als dritter Partner kommen zunächst die Sozialisten oder die Christliche Union (CU) in Frage.
Auf Wilders Populisten wird Balkenende voraussichtlich erst zurückgreifen, wenn alle anderen Möglichkeiten erschöpft sind. Der Christdemokrat hat 2002 seine erste Regierung mit der Partei von Wilders Vorgänger Pim Fortuyn gebildet, die aber bereits nach 87 Tagen auseinander brach. Fortuyn war damals neun Tage vor Wahl auf offener Straße erschossen worden und seine Liste darauf zweitstärkste Fraktion geworden.