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NL: Attentat mit islamischen Hintergrund

Das Attentat auf den Filmemacher Theo van Gogh in Amsterdam hat nach Überzeugung der niederländischen Regierung einen islamistischen Hintergrund. Van Gogh war Islam-Kritiker.

Der kurz nach dem Mord am Dienstag festgenommene mutmaßliche Täter hatte Kontakte zum Kern radikaler Moslems, teilten Innenminister Johan Remkes und Justizminister Piet Hein Donner in einem Schreiben an das Parlament mit. Er sei aber nicht selbst Mitglied der etwa 150 Extremisten umfassenden Kerngruppe.

Der Tod des 47 Jahre alt gewordenen Regisseurs und Publizisten, der nach eigenen Angaben ein ferner Verwandter des Malers Vincent van Gogh war, hat die Niederlande schwer erschüttert. Die Art und Weise, wie der oft provozierende Islam-Kritiker von einem 26 Jahre alten Niederländer marokkanischer Herkunft brutal niedergestochen und erschossen worden war, erinnerte viele an den Mord vom 6. Mai 2002 an dem Rechtspopulisten Pim Fortuyn. In beiden Fällen hätten Attentäter zugeschlagen, weil ihnen die geäußerten Ansichten nicht passten, kommentierten die niederländischen Medien am Mittwoch.

„Abgeschlachtet“, titelte „De Telegraaf“ mit dicker Überschrift und zeigte die Leiche Van Goghs mit einem großen Messer in der Brust. Nach Angaben in den Medien hatte der Attentäter erst auf das Rad fahrende Opfer gefeuert und ihm dann die Kehle durchschnitten, ehe er erneut auf ihn schoss. Bei dem Angriff sollen mindestens zwei Messer benutzt worden sein, während der am Boden Liegende vergebens um Gnade gefleht habe.

Auf dem Körper des Sterbenden hinterließ der Täter eine schriftliche Botschaft, über deren Inhalt die Polizei zunächst nichts mitteilte. Nach kurzer Flucht war der 26-Jährige festgenommen worden. Die Justiz untersagte ihm jeden Kontakt zur Außenwelt; nur mit seinem Anwalt darf er sprechen.

Für viele Beobachter in den Niederlanden kam der Anschlag nicht völlig überraschend. Danach hat Van Gogh in der Vergangenheit häufig Hassbriefe erhalten, vor allem dann, wenn seine Filme mit Kritik am Koran oder an angeblicher Frauenfeindlichkeit im Islam gezeigt wurden. Trotz Todesdrohungen habe Van Gogh auf Personenschutz verzichtet.

Am Tatort im Amsterdamer Osten häuften sich bis Mittwoch große Mengen Blumen und Kerzen. Auf Kondolenz-Seiten im Internet gingen in den ersten 24 Stunden Zehntausende von Beileidsbekundungen ein. Bereits wenige Stunden nach der Bluttat hatten etwa 20 000 Menschen im Zentrum von Amsterdam friedlich für die Meinungsfreiheit demonstriert.

Viele Marokkaner und Vertreter anderer Minderheiten schlossen sich dabei dem Protest gegen Gewalt an. In Den Haag riegelte die Polizei das Regierungszentrum am Binnenhof ab und nahm 35 Rechtsextreme fest, ehe diese gegen Ausländer und Muslime demonstrieren konnten. Sie wurden am Mittwoch wieder freigelassen.

In den Zeitungen verteidigten viele Niederländer das Recht auf Meinungsfreiheit. Dabei wurden die Muslim-Gemeinschaften aufgerufen, deutlich Stellung gegen Unduldsamkeit zu beziehen. Sie sollten „ein massives Nein gegen Entgleisungen“ wie das Amsterdamer Attentat hören lassen, hieß es in einem Kommentar des „Algemeen Dagblad“.

In dieser Zeitung erklärte der Schriftsteller Leon de Winter: „Wir müssen schlimme Fanatiker, die einen solchen Mord gutheißen, mit Feuer und Schwert bekämpfen. Wir haben das Recht unsere Meinung zu sagen, auch auf provozierende Art und Weise.“

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