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"Nie dagewesene Währungsänderungen"

Erste, noch bedeutungslose Bewegungen im Kursverhältnis US-Dollar zu Yen seien ihm in der Nacht vom 1. auf den 2. Oktober 1998 aufgefallen, erinnerte sich Wolfgang Flöttl.

Mit Helmut Elsner habe er in dieser Sache am 5. oder 6. Oktober gesprochen, seiner Darstellung nach mit den einleitenden Worten: „Es entwickelt sich nicht unseren Vorstellungen entsprechend.“

Bei dem Treffen in New York sei die Frage im Vordergrund gestanden, was nun zu geschehen habe. Elsner habe sich zum Weiterbetreiben der Spekulationsgeschäfte entschlossen, obwohl laut Flöttl deren sofortiges Ende der BAWAG „sicher keinen Totalverlust“ beschert, sondern „vielleicht ein Drittel“ des eingesetzten Kapitals gekostet hätte.

Aus Flöttls Sicht gab es keine Erklärung für „diese massiven, seit 1945 nie dagewesenen Währungsänderungen“, denen er und damit auch die Investments der BAWAG zum Opfer fielen: „Es hat keinen Terroranschlag gegeben. Es ist kein Präsident erschossen worden. Es hat keinerlei fundamentale Entwicklungen gegeben, die solche Bewegungen erklären hätten können.“

Zwischen dem 15. und 19. Oktober erfolgte „der massive Einbruch, da war dann alles weg“, erinnerte sich Flöttl mit Schaudern. Dies habe ihm für die BAWAG „sehr Leid getan“, zumal er zu der Bank „ein enges Verhältnis“ gehabt hätte. Seine damalige Stimmung beschrieb der Investmentbanker mit: „Ich habe mich nicht umbringen wollen, bin aber auch nicht lachend durch Wien gezogen.“ Ob er ein schlechtes Gewissen gehabt habe, wollte Richterin Claudia Bandion-Ortner wissen. „Ich habe eine falsche Entscheidung getroffen. Ich habe ex ante aber die feste Überzeugung gehabt, dass sie die richtige war“, erwiderte der Angeklagte.

Dass er persönlich in Bezug auf seine Währungsspekulationen nach dem 5. bzw. 6. Oktober nicht die Handbremse zog, führte Flöttl auf den Druck zurück, den Helmut Elsner ihm gemacht habe. Früher hatte Flöttl in diesem Zusammenhang sogar das Wort „Erpressung“ verwendet, das er im Gerichtssaal nun allerdings vermied: Elsner habe ihm ja keine Pistole angehalten, insofern habe er der BAWAG freiwillig sein Vermögen übertragen. „Ich war dazu weder vertraglich noch gesetzlich verpflichtet“, gab Flöttl zu Protokoll.

Die von Elsner angedrohte Skandalisierung hätte für ihn jedoch das Ende seiner geschäftlichen Tätigkeit bedeutet, machte Flöttl klar. Deswegen sei er Elsners Vorgaben gefolgt. Er habe „weitergemacht, mit der kleinen Hoffnung, dass ich überlebe“, bemerkte Flöttl abschließend.

Daran anschließend gab der damalige BAWAG-Vorstand Johann Zwettler an, von Elsner im Oktober 1998 mit den Worten „Es ist etwas passiert“ telefonisch aus New York von den riesigen BAWAG-Verlusten erfahren zu haben. „Ich war eigentlich maßlos überrascht, weil 1995 bis 1998 ist das erwartungsgemäß gelaufen. Über drei Jahre lang!“, bemerkte Zwettler.

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