Nähe des Falls macht betroffen
Für die Wiener Expertin Dr. Ingrid Geretschläger, Leiterin der medienpädagogischen Beratungsstelle der NÖ Landesakademie in Baden bei Wien, ist die örtliche Nähe zum Schauplatz ein entscheidender Faktor für den Grad der Betroffenheit der Menschen. Erwachsene sollten ihren Kindern helfen, mit den Informationen aus den Medien umzugehen, erklärte sie am Freitag gegenüber der APA.
Wir haben die Auswirkungen der Berichterstattung von Katastrophen bzw. Kriegsereignissen untersucht. Der Fall Kampusch erzeugt aber auf jeden Fall mehr Betroffenheit. Entscheidend ist die Überlegung Das kann auch in meinem Umfeld passieren. Das spielte sich ja in einer normalen ländlichen Umgebung ab, in der man sich noch sehr geschützt fühlt, sagte Ingrid Geretschläger.
Kinder sind in ihrem Erleben der über die Medien auf sie einströmenden Informationen stark von den Erwachsenen abhängig. Die Expertin: Die Kinder spüren die Aufregung der Erwachsenen, beim fernsehen bzw. beim Zeitung lesen. Etwa ab dem Alter von acht Jahren werden solche Ereignisse dann in den Gruppen Gleichaltriger diskutiert.
Hier können die Erwachsenen ihren Kindern bei der Verarbeitung der Informationen helfen. Ingrid Geretschläger: Gegenüber Kindern sollte man einen positiven Aspekt in den Vordergrund stellen. Man kann ihnen beispielsweise sagen Schau, die Eltern von Natascha Kampusch haben nicht aufgegeben. Ich würde auch nicht aufgeben daran zu glauben, dass man Dich wieder findet. Auch wenn eine Situation hoffnungslos aussieht, besteht immer noch eine Chance auf ein positives Ende.
Positiv könne man auch das Verhalten des Entführungsopfers darstellen: Man betont, wie tapfer Natascha Kampusch war. Auch sie hat nicht aufgegeben. Sie hat den richtigen Schritt zur Flucht gesetzt.
Wie lange eine solche Affäre die Medien dominiert bzw. wie lange die Aufmerksamkeit der Bevölkerung anhält, darüber gibt es keine wissenschaftlich fundierten Daten. Laut der Expertin hängt das einfach davon ab, wann ein anderes Thema als interessanter aufgenommen wird. Man kann aber Heranwachsenen aber den Anstoß dazu geben, dass sie nicht an diesem Vorfall hängen bleiben. Ingrid Geretschläger: Das tut man mit Kindern, in dem man mit ihnen diskutiert, was denn an erneuten Berichten wirklich Neues dran ist. Kindern Medien-Inszenierungen oft sehr gut erkennen und mit gesundem Menschenverstand darauf reagieren.