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Next Exit Nirvana

Bunte Bilder und fehlende Erleuchtung: Der österreichische Regisseur Walter Größbauer filmte beim indischen Pilgerfest Kumbh Mela und verzichtet bewusst auf Kommentare - Ab 1. Oktober im Kino.
Kumbh Mela, das größte Pilgerfest der Welt, findet alle zwölf Jahre in einer der vier Städte am “heiligen Fluss” Ganges statt. Im März dieses Jahres im indischen Haridwar – und der österreichische Regisseur Walter Größbauer (“Kairo All Inclusive”) war mittendrin. Seine Eindrücke hat er in “Next Exit Nirvana”, einem knapp 90-minütigen Dokumentarfilm, festgehalten. Der Fokus liegt dabei auf jenen Indern, die sich bewusst vor Touristen und Kameras inszenieren und dabei nichts mit spirituellen Gurus und nach Gott suchenden Pilgern gemein haben. Als Kinobesucher wird man bei “Next Exit Nirvana” mit vielen Bildern konfrontiert, erklärt wird leider zu wenig. Am Freitag, den 1. Oktober, startet der Film in Österreich.

Eine Nahaufnahme eines sich bewegenden Männerhinterns, ein kurzes Wegzoomen, dann offenbaren sich auch die Hoden des Mannes. Es sind die ersten Bilder in “Next Exit Nirvana”: Ein nackter Inder beim Holzhacken. Er ist nicht der einzige, der seine Freizügigkeit im Rahmen des Pilgerfests in Haridwar auslebt – wir sehen einen Mann, der mit seinem Penis mit Hilfe eines Rings an der Eichel schwere Steine hebt – “aber nur, wenn Leute etwas spenden”, sagt er in die Kamera. Andere liegen auf einem Nagelbrett, schaukeln auf einem Feuerstuhl oder singen und tanzen. Touristen gefällt das, viele richten ihre Kameras auf die “Showmaster”.

Für die indische Bevölkerung selbst, sagt ein schimpfender Passant, seien “diese Betrüger” jedoch “eine Schande”. Genau wie die angeblichen Gurus, die religiöses Wissen weitergeben und Spiritualität schenken wollen. Echte Gurus von reinen Geschäftsmachern zu unterscheiden, ist schwierig. Größbauer spricht mit mehreren dieser Gurus – ob man ihnen Glauben schenkt, ist dem Zuschauer überlassen. Zwischen Interviews und seltenen Einblicken, die ein junger Dolmetscher dem Regisseur gibt (“Ich sehe den Fluss Ganges als meine Mutter an”), ist das Publikum mit minutenlangen Eindrücken konfrontiert. Man sieht Frauen, die Tücher in den Wind halten, mit weißer Asche eingeriebene Männer, und überall Opfergaben, verschiedenste Rituale und Lieder.

“Ich wollte den Film nicht auf die typisch westliche Art machen und alles im Off-Kommentar erklären”, so Größbauer nach der Pressevorführung zur APA. “Die Zuschauer sollen sich ein eigenes Bild machen.” Dieses Bild erst einmal aufzubauen, ist anstrengend: Der Großteil der 90 Minuten ist ruhig, kommentarlos und ermüdend. Die Atmosphäre vermittelt sich durch ständige Orts- und Menschenwechsel kaum, die teilweise wackelige Kameraführung lässt einen wie einen Touristen verwirrt umherlaufen. Die “bunten Vögel”, Inszenierungskünstler und Gegenstimmen sind amüsant, machen aber nur das letzte Drittel des Films aus, hätten mehr Zeit verdient und den Film von Anfang an interessanter gemacht. Sie könnten dem Streifen vor allem den berühmten roten Faden verleihen, den man leider vermisst.

Einzelne Menschen, die uns kurz von ihrer Religion erzählen, werden nicht näher vorgestellt. Der junge Mann, der Größbauer zeitweise als Dolmetscher zur Seite steht und am Ufer des Ganges von seinem Glauben spricht, hätte sympathischer Protagonist werden können, der uns durch den verwirrenden Film führt und interessante Einblicke gibt. Stattdessen ist “Next Exit Nirvana” eine lange Reihe bunter Bilder einer uns so fernen Kultur, die mehr Erklärung und Einsicht verdient hätte.

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