Der Gruselfaktor ist auch im zweiten Film (den ersten inszenierte Catherine Hardwicke) eher gering. Für Gänsehaut kann kaum eine Szene sorgen, und für das Herzklopfen der weiblichen Fans sind eher herkömmliche menschliche Attribute und Begegnungen verantwortlich. Dass ihr High School-Schwarm Edward (Robert Pattinson) ein Vampir ist, durfte Bella (Kristen Stewart) ja bereits im ersten Teil erfahren. Doch während Edward als blasser, blutleerer Schwächling mit interessantem Life Style und erstaunlicher Charakterstärke gezeichnet wird, lässt Bellas Sandkistenfreund Jacob die Muskeln spielen. Der 17-jährige Taylor Lautner verbrachte für die Rolle offenbar mehr Zeit in der Kraftkammer als vor der Kamera.
Indianer-Sprössling Jacob hat sich aus unerfindlichen Gründen vorwiegend mit nacktem Oberkörper zu zeigen. Was bei der Garderobe gespart werden konnte, wurde in Special Effects investiert: Der zurückhaltende, schöne Naturbursch outet sich als Werwolf, und die haben dank Tricktechnik nicht nur ganz beachtliche Größe, sondern auch eine Aufgabe, die der Romanze zwischen Bella und Edward eher entgegensteht: Werwölfe sind nämlich die Guten – und bekämpfen Vampire, wo immer sie sie zwischen die Zähne kriegen.
Bisse und Gewissensbisse stehen daher auch im Zentrum von “New Moon”, in dem sich die Geschichte des ersten Teils rund um junge Liebe unter widrigen Begleitumständen, Enthaltsamkeit und Selbstdisziplin zu einer dämonischen Dreiecksgeschichte ausweitet. Bella macht nach ihrem 18. Geburtstag nicht nur Edwards Familie den Mund wässrig (wenn die lieben Verwandten einmal Blut geleckt haben, kann auch eine kleine Wunde große Wirkung entfalten), und rasch wird klar, dass Edward und Jacob nicht nur in ihren Fantasy-Rollen als Vampir und Werwolf, sondern auch in ihrer Zuneigung zu der hübschen Bella Rivalen sind. Doch mehr als ein paar zarte Küsse sind nicht drinnen.
Die Entscheidung Edwards, seiner großen Liebe künftig großräumig aus dem Weg zu gehen und seinen Wohnsitz nach Europa zu verlegen, stürzt Bella in tiefe Depressionen, doch sie entdeckt, dass Edward ihr in Momenten höchster Gefahr zur Seite springt. Was sie zur Freundin hoher Klippen und schneller Motorräder werden lässt.
Am Ende steht ein Showdown in der Toskana, ein Heiratsantrag und eine alte Spruchweisheit: Dieses war der zweite Streich, doch der dritte folgt sogleich. Die von David Slade inszenierte Verfilmung des nächsten (und vorletzten) Bandes soll als “Eclipse – Bis(s) zum Abendrot” im Juni 2010 in die Kinos kommen. Bis dahin dürfte der “Twilight”-Hype, der in Sachen Hysterie die Nachfolge von “Harry Potter” angetreten hat, vorwiegend als soziologisches und psychologisches Phänomen ausgiebig analysiert werden. Cineastisch liefern die mehr als zwei Kinostunden nämlich erstaunlich wenig zum Beißen.
Trailer:
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