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Neuwahlen am 3. November

In einer Sondersitzung stimmte am Mittwochabend die Nationalversammlung in Ankara am mit 449 zu 62 Stimmen der vorgezogenen Neuwahl zu.

Damit scheinen die Tage der vor drei Jahren angetretenen Koalitionsregierung des 77-jährigen Ministerpräsidenten Bülent Ecevit gezählt. Für den Antrag auf Neuwahlen, die die Türkei aus der politischen Krise führen sollen, stimmten 449 Abgeordnete, 62 votierten dagegen, 3 enthielten sich der Stimme. Insgesamt hatten 514 Abgeordnete abgestimmt.

Gegen den Widerstand des politisch und gesundheitlich angeschlagenen Ministerpräsidenten hatten sich zuletzt so gut wie alle Parteien für vorgezogene Neuwahlen eingesetzt. Regulär wären Wahlen erst in zwei Jahren fällig gewesen. Der Ministerpräsident vertritt die Auffassung, eine vorgezogene Wahl könne der Wirtschaft des Landes schaden.

Die politische Krise in der Türkei hatte vor drei Monaten mit den gesundheitlichen Problemen Ecevits begonnen. Angesichts der Lähmung der Regierungsarbeit hatte sich die Demokratische Linkspartei (DSP) Ecevits gespalten und die Regierung ihre Parlamentsmehrheit eingebüßt. Devlet Bahceli, Ecevits Stellvertreter von der Partei der Nationalen Bewegung (MHP), hatte daraufhin Neuwahlen am 3. November gefordert und Ecevit unter Rückzugsdrohungen zum Einlenken gezwungen. Dem Verlangen nach Neuwahlen hatten sich schnell fast alle anderen Parteien angeschlossen.

Unterdessen ging am Mittwoch im Parlament das Ringen um ein EU-Reformpaket weiter, mit dem die pro-europäischen Parteien die Voraussetzungen für eine baldige Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der EU schaffen wollen. Gegen Gesetzesänderungen, wie die Abschaffung der Todesstrafe für terroristische Straftaten oder Kurdischunterricht, sperrt sich vor allem die nationalistische MHP, die stärkste Fraktion im Parlament. Dennoch wären die anderen Parteien rein zahlenmäßig in der Lage, das Gesetzesbündel zu verabschieden.

Die Türkei ist der einzige EU-Kandidat, mit dem die EU bisher keine Beitrittsverhandlungen führt. Die EU-Befürworter in der Türkei befürchten, dass der Zug der EU-Erweiterung für lange Zeit abgefahren sein könnte, wenn die Türkei bis zum Ende dieses Jahres nicht die politischen Mindeststandards in Sachen Demokratie und Menschenrechte erfüllen sollte.

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