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Neues Holocaust-Museum als „Warnsignal

Bei eisiger Kälte drängten sich am Dienstagabend in Jerusalem Staatsgäste aus 40 Ländern in der Gedenkstätte Yad Vashem, um das neue Holocaust-Museum einzuweihen.

„Dieses Museum ist ein Warnsignal an die ganze Menschheit“, sagte der israelische Staatspräsident Moshe Katzav. Die hochmoderne Gedenkstätte in Jerusalem solle „sicherstellen, dass weder die Zeit noch das Vergessen die Erinnerung an sechs Millionen ermordete Juden auslöschen können“, betonte auch Ministerpräsident Ariel Sharon.

In Jerusalem versammelte sich zu den aufwändigen Eröffnungsfeiern die größte Zahl internationaler Staatsgäste seit dem Mord an dem israelischen Ministerpräsidenten Yitzhak Rabin vor über neun Jahren. Die Innenstadt glich einem militärischen Sperrgebiet, auf den Dächern wachten Scharfschützen. Der duetsche Außenminister Joschka Fischer wurde von den Israelis als einer der wichtigsten Ehrengäste gewürdigt. Immer wieder sprach Fischer von der moralischen Verantwortung Deutschlands, gegen das Vergessen zu kämpfen.

Nach mehr als zehn Jahren der Planung ersetzt das neue Holocaust- Museum das alte, seit drei Jahrzehnten bestehende Museum von Yad Vashem, allerdings auf vier Mal größerem Raum. Der umgerechnet mehr als 40 Millionen Euro teure Bau auf 2.400 Quadratmetern ist ein Paradebeispiel dramatischer moderner Architektur. Wie ein Speer bohrt sich das Prisma aus Zement und Glas durch den Berg des Gedenkens, der immer noch den höchsten Punkt der weitläufigen Anlage darstellt. Die architektonische Komposition soll den Holocaust als totalen Bruch im jüdischen Leben symbolisieren.

Auch das Konzept des Erinnerns an den von Hitler-Deutschland organisierten beispiellosen Völkermord ist ganz neu. Viel mehr als in Vergangenheit soll das Schicksal des Einzelnen, die „Stimme des Individuums“, im Zentrum stehen. Über Video schildern daher Überlebende den Besuchern in den hochmodernen, hell erleuchteten Ausstellungsräumen ihre schrecklichen Erlebnisse. Die Ausstellung in neun Seitenräumen setzt auf viel Multimedia.

Ziel ist zudem ein tieferes Verstehen der düsteren Holocaust-Geschichte auch auf der Gefühls- und nicht nur der Verstandesebene. Zur Veranschaulichung des Grauens haben die Mitarbeiter von Yad Vashem viele echte Ausstellungsstücke aus den Konzentrationslagern nach Israel gebracht, etwa eine dreistöckige Holzpritsche, auf der sich in Auschwitz bis zu zwölf Häftlinge drängen mussten, eine Häftlingsuniform und 4000 Schuhe von Juden, die in den Gaskammern von Maidanek ermordet wurden.

Eine weitere Dimension der Erinnerung ist die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Unbegreiflichen. Das Museum zeigt Skizzen und Malereien von jüdischen Häftlingen, die das tägliche Leben in den Lagern widerspiegeln, darunter auch viele von Kindern.

Nach Angaben des Vorsitzenden von Yad Vashem, Avner Shalev, ist in den vergangenen Jahren weltweit ein großer Anstieg des Interesses am Holocaust zu beobachten. In Verbindung mit dem Kampf gegen einen neuen Antisemitismus sieht die Gedenkstätte ihre Aufgabe darin, mit dem allmählichen Aussterben der letzten Holocaust-Überlebenden die dritte und vierte Generation nach dem Zweiten Weltkrieg als neue Träger des Gedenkens an das beispiellose Verbrechen im Herzen Europas zu gewinnen.

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