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Neues Buch über Widerstand gegen Nazis

©© Der österreichische Widerstand
Wie viele Österreicher im Widerstand gegen den Nationalsozialismus genau aktiv waren, ist nach wie vor unklar. Wie umstritten ihre Rolle mancherorts immer noch ist, zeigte zuletzt die von einem BZÖ-Politiker losgetretene Debatte um Wehrmachtsdeserteure als "Kameradenmörder".

Wer die österreichischen Widerstandskämpfer waren, aus welchen Motiven sie handelten und welche Schicksale sie erlitten, hat der langjährige Leiter des DÖW Wolfgang Neugebauer recherchiert. Das Ergebnis liegt nun in Buchform vor.

“Der Verurteilte, der ruhig und gefasst war, ließ sich ohne Widerstreben auf das Fallbeilgerät legen, worauf der Scharfrichter die Enthauptung mit dem Fallbeil ausführte und sodann meldete, dass das Urteil vollstreckt sei. Die Vollstreckung dauerte von der Vorführung bis zur Vollzugsmeldung 9 Sekunden.” So nüchtern schildert das “Vollstreckungsprotokoll” die Hinrichtung des Schlossers Leopold Ecker. Weil er kommunistische Flugzettel hergestellt hatte, wurde der Wiener wegen “Vorbereitung zum Hochverrat” verurteilt und im Oktober 1943 enthauptet.

Wie Ecker wurden allein vom “Volksgerichtshof” der Nazis 814 Österreicher zum Tod verurteilt. Insgesamt schätzt Neugebauer die Zahl der aus politischen Gründen ermordeten Österreicher (ohne die jüdischen Opfer und die Standgerichte) bis zu 5.000, die Gesamtzahl der politischen Häftlinge auf etwa 100.000. Sein am Montag präsentiertes Buch (“Der österreichische Widerstand 1938 bis 1945”) spannt einen weiten Bogen von sozialistischen, kommunistischen und katholisch-konservativen Gruppen über den jüdischen Widerstand bis zur überparteilichen Gruppe “O5”.

Trotz des hohen Blutzolls beurteilt Neugebauer die praktischen Ergebnisse des Widerstands als “eher bescheiden”: Weder das NS-Regime noch dessen Kriegsmaschinerie seien ernstlich gefährdet gewesen, die Befreiung Österreichs “das ausschließliche Verdienst der alliierten Streitkräfte”. Der Historiker streicht trotzdem den hohen politischen Stellenwert des österreichischen Widerstands hervor – etwa für die “Moskauer Deklaration”, in der die Alliierten einen selbstständigen Beitrag Österreichs zu seiner Befreiung einforderten.

Nach 1945 hatten die Widerstandskämpfer mit Diskriminierung und Anfeindungen zu kämpfen, während viele frühere Nazis Karriere machten, wie Neugebauer schildert: So brachte es Erwin Fussenegger, ein Angehöriger des NS-Soldatenringes, bis zum “Generaltruppeninspektor” und lehnte noch 1958 die Aufnahme von Robert Bernardis und Alfred Huth auf ein Gefallenendenkmal in der Militärakademie ab. Begründung: Die wegen ihrer Verwicklung in die Verschwörung vom 20. Juli 1944 hingerichteten Militärs seien “als Eidbrecher gefallen”.

Wolfgang Neugebauer: “Der österreichische Widerstand 1938-1945”, Edition Steinbauer, 276 Seiten, ISBN: 978-3-902494-28-3, 22,50 Euro

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