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Neuerscheinungen bezeugen und hinterfragen Klischees

Von der Schmankerl-Biografie über Gespräche mit Interpreten und Ausflügen in die Heimat bis zur Allround-Einführung wird reichlich Rüstzeug für 2009 geboten.

Joseph Haydn gilt nicht unbedingt als schillernde Persönlichkeit. Die Mythen und Anekdoten, die sich um sein Leben ranken, halten sich in Grenzen. Doch zum Jubeljahr 2009 will man ihn kennenlernen, mit Klischees aufräumen und den Menschen hinter den berühmten Melodien zu sehen bekommen. Mehrere neue Bücher näheren sich der Person und Bedeutung Haydns von ganz unterschiedlichen Seiten an. Wo Peter Wehle eine mehr als augenzwinkernde Schmankerl-Biografie liefert, setzt sich Walter Dobner mit gewichtigen Interpreten Haydns zusammen, Otto Brusatti reist durch seine Lebensplätze und Anton Mayer legt einen bemerkenswerten Allrounder vor.

“Haydn, Haydn über alles” nennt Peter Wehle den bei Kremayr und Scheriau erschienenen Band, der mit dem “Zauberwort Humor” gegen manche Schieflage der Haydn-Wahrnehmung vorgehen möchte. Bereits im Vorwort warnt der Autor vor der “lächelnden Sichtweise und Formulierung”, und tatsächlich: Wem unerlässliches Augenzwinkern rasch auf die Nerven geht, dem sei hier eher abgeraten. Gespickt mit Wortwitzen und Sprichwörtern, Leser-Adressierungen und Seitenhieben erzählt Wehle jedoch nicht nur die ausführliche Biografie Haydns, sondern versieht mit denselben auch ein umfangreiches Haydn-Nachschlagewerk.

Statt in biografischen Anekdoten zu forschen, versucht Walter Dobner in seinem bei Böhlau erschienenen Interviewband “Unser Haydn” eine Annäherung an Werk und Aufführungspraxis und befragte dazu gewichtige Interpreten von Alfred Brendel über Nikolaus Harnoncourt bis zu Thomas Quasthoff oder Rainer Küchl. Der mit Fotografien der Gesprächspartner geschmückte Band gibt vielfältige Antworten auf die Frage, warum Haydn oft an den Anfang eines Konzertprogramms gesetzt wird oder wie sich die Musikgeschichte ohne “Papa Haydn” entwickelt hätte und zeigt die vielleicht oft stille, aber tiefe Begeisterung und Ernsthaftigkeit, mit der Haydn unter Kennern geschätzt wird.

Nicht nur eine Lese-, sondern vor allem auch ein Bildervergnügen bietet Otto Brusatti in seinem im echomedia Verlag erschienenen Fotoband “Haydn – Sein Umfeld. Seine Musik. Sein weites Land.” Gemeinsam mit dem Fotografen Hubert Dimko machte er sich auf die Reise zwischen Wien, dem Geburtsort Rohrau, Eisenstadt und den Schlössern der Esterhazys und versammelt in dem ansprechend gestalteten Buch Erkundungen aller Art: Der zauberhaften pannonischen Landschaft und des eigenwilligen Charakters Joseph Haydns. Den bezeichnet Brusatti schon im Vorwort mit kräftigen Worten: “Er war ein politisches Arschloch und ein Genie.”

Wer keine ausgefallenen Vorlieben oder bevorzugte Aspekte hat und auch nicht auf der Suche nach dem “etwas anderen Haydn-Buch” ist, sondern einfach eine umfassende Lektion über Leben, Werk und Bedeutung des Komponisten mit einer angenehmen Lektüre verbinden will, dem sei Anton Mayers ebenso gründliche wie flüssige Einführung zu “Joseph Haydn” im Amalthea Verlag ans Herz gelegt. In einer ausgewogenen Mischung aus freundlicher Erzählung und historischer Dokumentation erlaubt Mayer dem Leser sowohl ein persönliches Bild von Haydn mitzunehmen, als auch verschiedene Facetten, Klischees und Auslegungsansätze in und über sein Werk zu erfahren. Das ideale Rüstzeug für das Haydn-Jahr.

 

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