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Neuer Konflikt zwischen USA und Europa

Als ob es vor dem Irak-Krieg nicht schon genug Streit gegeben hätte, so bahnt sich jetzt ein ebenso bitterer Konflikt über die Nachkriegsordnung für den Irak an.


Hauptkontrahenten sind abermals die USA auf der einen Seite und Frankreich, Deutschland und Russland auf der anderen. Selbst Großbritannien, der engste Verbündete Amerikas, steht diesmal auf Seiten der Europäer. Die ohnehin schon tiefe Kluft zwischen den beiden Kontinenten scheint sich nochmals zu vertiefen.

Stein des Anstoßes ist die Rolle der Vereinten Nationen bei einer Übergangsverwaltung in Bagdad. „Nur die UNO verfügt über die notwendige Legitimation, die für den Irak, die Region und die Menschen in der ganzen Welt wichtig ist“, betonte Generalsekretär Kofi Annan am Montagabend nach einer Sondersitzung des Weltsicherheitsrats in New York. Die meisten Europäer, unter ihnen auch der britische Premierminister Tony Blair, wollen den Wiederaufbau des Irak denn auch maßgeblich von den UNO überwachen lassen. Im Gespräch ist eine internationale Konferenz, wie sie Ende 2000 für Afghanistan organisiert wurde.

Doch die USA wollen von all dem nichts wissen. Nach ihren Vorstellungen soll so schnell wie möglich eine neue irakische Regierung gebildet werden. Diese soll sich aus Exilanten und internen Gegnern von Staatschef Saddam Hussein zusammensetzen. In der Übergangsphase aber, die in Washington offiziell auf etwa sechs Monate veranschlagt wird, sollen die derzeitigen Kriegsalliierten unter Leitung der USA im Irak das Sagen haben.

US-Präsident George W. Bush hat mehrfach betont, die US-Truppen würden nur so lange wie notwendig im Irak bleiben und keinen Tag länger. Bis dahin aber würden Amerikaner, wie es scheint, in praktisch allen Bereichen dominierend sein. Derzeitigen Plänen zufolge sollen US-Soldaten für Recht und Ordnung sorgen und darüber hinaus nach verbotenen Waffen suchen. Amerikanische Offiziere im Ruhestand sowie Verwaltungsbeamte sollen Regierungsbefugnisse übernehmen und dabei auch die Versorgung der Zivilbevölkerung sicherstellen. Und schließlich sollen amerikanische Firmen die Aufträge für den Wiederaufbau der Infrastruktur erhalten. Nicht zuletzt dies hat bei den Europäern Ressentiments ausgelöst.

„Auf US-Seite sieht man sich versucht, all jene zu bestrafen, die in diesem Konflikt gegen Amerika waren“, erläutert Robert Kagan von der Carnegie-Stiftung für internationalen Frieden die Haltung seines Landes. „Und es besteht die Versuchung, Europa zu spalten und dies für die Interessen der amerikanischen Politik auszunutzen.“ Die Europäer wiederum betrachteten die wachsende Machtstellung der USA mit Missgunst und versuchten, sie in Schach zu halten. Beide Positionen führten aber letztlich nicht weiter, meint Kagan.

Nach Ansicht von Christoph Bertram, dem Direktor des Deutschen Instituts für Internationale Politik und Sicherheit in Berlin, haben die USA sozusagen ihre Spieltaktik geändert. Der Wandel liege darin, dass die Regierung in Washington den Verbündeten jetzt einfach klipp und klar sage, was sie tun werde. „Und wenn ihr nicht mitmachen wollt, dann ist das euer Problem, nicht unseres“, fasst Bertram die Haltung der USA zusammen.

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