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Neue "virtuelle Mitfahrzentrale" gegen Verkehrskollaps

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"Es ist billiger eine neue Software zu entwickeln, als neue Straßen zu bauen" - unter diesem Motto wird derzeit an einer virtuellen Mitfahrzentrale gearbeitet.

Die automatische, sekundenschnelle Vermittlung von Mitfahrgelegenheiten über Smartphone, Handy oder PDA: Dafür sieht ein Forschungsprojekt des Instituts für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik an der TU Wien, der Angewandte Psychologie und Forschung GmbH und des Bregenzer Verkehrsplaners Christian Steger-Vonmetz realistische Chancen. Projektleiter Steger-Vonmetz: „Es ist viel billiger, eine neue Software zu entwickeln, als neue Straßen zu bauen.“


Virtuelle Mitfahrzentrale

Das Forschungsprojekt „Virtuelle Mitfahrzentrale“ untersucht die Möglichkeiten einer vollautomatischen Vermittlung. Die Idee: Die Fahrtroute wird von Autofahrern ohnehin immer öfter in Navigationssysteme eingegeben. So könnten eine Mitfahrgelegenheit Suchende sofort zum Beispiel per SMS über ein Angebot informiert werden.

“95 Prozent der Information sind bereits eingegeben. Der Autofahrer muss eigentlich nur mehr mit einem Knopfdruck bestätigen, ob er bei dieser Fahrt bereit ist, jemanden mitzunehmen“, schildert Steger-Vonmetz. Das vom Verkehrsministerium im Rahmen des Forschungsprogramms „I2 – Intelligente Infrastruktur“ geförderte Projekt soll die Rahmenbedingungen für eine mögliche Realisierung abklären: rechtliche Situation, Wirtschaftlichkeit, Zielgruppen, etc.


Potential bei Routenplanern im Internet

Tatsächlich liegen die Knackpunkte für eine erfolgreiche Umsetzung im Detail: So werden die Daten in ein Navigationssystem ja meist erst unmittelbar bei Fahrtantritt eingegeben. Der Mitfahrwillige möchte aber schon im Voraus wissen, ob sich eine Mitfahrgelegenheit anbietet. Einen Ansatzpunkt sieht Steger-Vonmetz deshalb vorerst bei Routenplanern im Internet: Dort wird oft weit im Voraus die Fahrtroute eingegeben, um Strecke und Fahrtdauer abzuklären. Und auch dort genügt im Prinzip ein Mausklick zum Anbieten einer Mitfahrgelegenheit.

Chancen sieht Steger-Vonmetz auch in der zunehmenden Verbreitung von PDAs (Personal Digital Assistents, Organizer für die Hostentasche) mit GPS-Modul sowie von Smartphones. „Die Handy-Netzbetreiber suchen ja noch nach einer Killerapplikation für UMTS. Ich bin überzeugt, dass mobil verfügbare Routenplaner rasch Verbreitung finden und auch den gewünschten Traffic in den Mobilfunknetzen generieren.“


40 Prozent sind zum Mitnehmen bzw. Mitfahren bereit

In einer kleinen Umfrage testete die Angewandte Psychologie und Forschung GmbH auch bereits die Akzeptanz eines solchen Systems. Demnach sind jeweils rund vier von zehn Befragten bereit, einen Unbekannten im Auto mitzunehmen oder bei einem Unbekannten im Auto mitzufahren. Zudem könnte der größte Hinderungsgrund ausgeräumt werden: Sicherheitsbedenken würden durch eine vorherige Registrierung mit Namen weitgehend wegfallen.

Für das Forschungsprojekt wurden im Oktober in Mistelbach 200 Personen befragt. Das sei ein für Österreich typischer ländlicher Raum sei, so Projektleiter Christian Steger-Vonmetz. Die Umfrage ergebe wenigstens ein grobes Gesamtbild der Chancen für eine „Virtuelle Mitfahrzentrale“. Man habe bewusst nicht eine Stadt wie Wien mit gut ausgebautem Netz an öffentlichen Verkehrsmitteln für die Erhebung gewählt.

Sicherheit wichtigstes Gegenargument

Demnach sind 38 Prozent der Befragten ganz oder „eher“ bereit, Unbekannte im Auto mitzunehmen. Bei den 62 Prozent, die das ablehnen, ist mit 96 Prozent die Sicherheit das wichtigste Argument. Ähnlich verhält es sich bei der umgekehrten Frage: 40 Prozent der Befragten wären bereit, bei einem Unbekannten im Auto mitzufahren. Bei jenen, die nicht zu Fremden ins Auto steigen würden, ist mit 67 Prozent wieder die Sicherheit ausschlaggebendes Argument.


55 Prozent würden gesamtes Benzingeld bezahlen

„Das Problem ist vom Autostoppen her fest in den Köpfen verankert“, weiß Projektleiter Steger-Vonmetz. Doch genau dieses Problem könnte eine „Virtuelle Mitfahrzentrale“ lösen: Sowohl potenzielle Fahrer als auch Mitfahrer müssen, schon zum Zweck der Verrechnung, namentlich registriert sein. Als Entgelt für eine Mitnahme würden 55 Prozent der Befragten das volle Benzingeld bezahlen, rund ein Viertel wäre bereit, das halbe Benzingeld zu übernehmen. Bei den gewünschten Bestellmöglichkeiten für eine Mitnahme rangiert das Telefon vor SMS und Internet.

Insgesamt ist Christian Steger-Vonmetz „vorsichtig optimistisch“, was eine Realisierung angeht: Die technische Entwicklung von Navigationssystemen, PDAs und Smartphones sowie die zunehmende Nutzung von Routenplanern gehe in die richtige Richtung, die Datenübertragung könne via UMTS erfolgen. Der Bregenzer Verkehrsplaner glaubt aber nicht, dass ein eigenständiges neues Produkt entstehen wird. Er rechnet mit einer schrittweisen Verwirklichung durch bestehende Mitfahrzentralen oder die Anbieter von Routenplanern. Am Anfang würden eher nur größere Strecken über eine solche „Virtuelle Mitfahrzentrale“ gebucht, „aber wenn die Leute merken, dass es funktioniert, ist das System sicher eine gute Ergänzung zum öffentlichen Verkehr“.

Links:

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  • Redaktion: Birgit Stadtthaler

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