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Neue Regierung in Frankreich ernannt

Frankreich - Präsident Nicolas Sarkozy hat am Freitag eine Partei-übergreifende Regierung ernannt, an der auch Politiker der oppositionellen Sozialisten beteiligt sind. Die Minister  | Neue Parteispitze  | Klare Parlamentsmehrheit | Kouchner ausschließen | Opposition in der Krise | Kouchner will sich auf Europa konzentrieren

Außen- und Europa-Minister wird der Sozialist und Mitbegründer der Organisation “Ärzte ohne Grenzen“ Bernard Kouchner. Der Liberale Herve Morin übernimmt das Verteidigungsressort. Vize-Regierungschef wird Ex-Premier Alain Juppe aus der Regierungspartei UMP. Geleitet wird die Regierungsmannschaft aus acht Männern und sieben Frauen von dem am Donnerstag ernannten Premier Francois Fillon. Das Kabinett wird am Nachmittag (16.30 Uhr) erstmals zusammentreten.

Juppe übernimmt das neu gegründete Schlüsselressort Umwelt, Entwicklung und nachhaltige Planung. Das Wirtschafts- und Finanzministerium bekommt der bisherige Arbeits- und Sozialminister Jean-Louis Borloo. Sarkozys langjähriger Vertrauter Brice Hortefeux leitet das neue Ministerium für Einwanderung, Integration und nationale Identität. Sarkozys Initiative zu dem Ressort hatte ihm im Wahlkampf heftige Kritik eingebracht.

Neben Kouchner finden sich als Staatssekretäre zwei weitere bisherige Linkspolitiker in der neuen Regierung. Unter dem 67-Jährigen wird Jean-Pierre Jouyet Europa-Staatssekretär, ein langjähriger Freund von Sozialisten-Chef Francois Hollande und der sozialistischen Präsidentschaftskandidatin Segolene Royal. Der mitten im Wahlkampf zu Sarkozy übergelaufene Finanzexperte der Sozialistischen Partei (PS), Eric Besson, wurde Staatssekretär bei Premier Fillon.

Hollande warf Sarkozy eine irreführende „Pseudoöffnung“ der Regierung vor und kündigte den Parteiausschluss Kouchners an. „Kouchner ist nicht mehr Mitglied der Sozialistischen Partei“, sagte der Sozialistenchef. PS-Fraktionschef Jean-Marc Ayrault erklärte, die von Sarkozy versprochene “Öffnung“ beschränke sich auf vereinzelte Abwerbungen und Kouchner, der eine „Persönlichkeit ohne Grenzen“ sei und nun „sorgfältig unter die direkte Oberaufsicht des Elysee gestellt wurde“.

Mächtigste Frau im Kabinett ist die bisherige Verteidigungsministerin Michele Alliot-Marie, die in das Innenministerium übersiedelt. Sarkozys Wahlkampfsprecherin Rachida Dati leitet das Justizministerium und ist damit auch für den Umgang mit der Jugendkriminalität zuständig. Sarkozy übertrug mit Dati, deren Eltern aus Nordafrika stammen, erstmals ein „großes Ministerium“ einem Vertreter aus einer Einwandererfamilie. Die Wirtschaftsadvokatin Christine Lagarde soll als Landwirtschaftsministerin Frankreich beim geplanten Umbau der EU-Agrarpolitik vertreten. Ihre Ernennung stieß auf Beifall des Bauernverbandes. An Frauen gingen auch die Ressorts Hochschulen/Forschung, Gesundheit, Wohnungsbau sowie Kultur.

Sarkozy hatte die Regierungsliste nach tagelangen Sondierungen am Donnerstagabend festgezurrt. 13 der 15 Minister gehören der Regierungspartei UMP an, die neben den Neogaullisten auch kleinere bürgerliche Gruppierungen umfasst. Mit sieben Frauen im Kabinett und einer „Politik der Öffnung“ will Sarkozy drei Wochen vor der Parlamentswahl ein©Zeichen für die Wähler der Mitte und der Linken setzen.

Das Kabinett muss in den kommenden Monaten die Reformvorhaben des Präsidenten in Gesetzestexte gießen. Schon im Juli sollen erste Gesetze auf einer außerordentlichen Parlamentssitzung verabschiedet werden. Ganz oben auf der Agenda stehen Steuersenkungen, härtere Strafen für Wiederholungstäter und eine weitere Begrenzung der Einwanderung.

Einer neuen Umfrage zufolge kann Sarkozy auf eine klare Parlamentsmehrheit hoffen. Die am Freitag in der Regionalpresse veröffentlichte Studie des Instituts BVA sagt der UMP bei den Wahlen im Juni 317 bis 381 Abgeordnete in der Nationalversammlung voraus. Für eine absolute Mehrheit sind 289 der 577 Sitze erforderlich. Die Nationalversammlung wird ebenso wie der Präsident für fünf Jahre gewählt. Der Umfrage zufolge dürfte die PS auf 151 bis 200 Sitze kommen.

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