Neue Gesprächsrunde über iranisches Atomprogramm eröffnet

Unter dem Druck israelischer Angriffsdrohungen und verschärfter Sanktionen wollen die fünf ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrats und Deutschland der Islamischen Republik Zugeständnisse abringen. Einen Durchbruch erwarten Diplomaten nicht. Sie sehen jedoch Chancen, die Gespräche beizubehalten und die Sorgen vor einem neuen Nahost-Krieg einzudämmen. Die Europäische Union sprach nach der ersten Sitzung von einer konstruktiven Atmosphäre.
Sie hoffe auf den Beginn eines nachhaltigen Prozesses, sagte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton zum Auftakt der Gespräche. In Istanbul gehe es um Vertrauensbildung und um den Beleg, dass der Iran von seinem Atomwaffenprogramm ablasse. Dieser wird verdächtigt, unter dem Vorwand der Energieerzeugung an Atomwaffen zu arbeiten. Die Führung in Teheran bestreitet dies. Im Mittelpunkt der Gespräche dürfte die Forderung stehen, dass der Iran die Anreicherung hochgradigen Urans aussetzt.
Nuklear-Poker: Will der Iran nur Zeit gewinnen?
Der Iran kündigte konstruktive Gespräche an. Er werde jedoch auf seinen Rechten bestehen. Vor den Gesprächen hieß es in Teheran, das Land werde “neue Initiativen” vorlegen. In Istanbul wollen die Großmächte nach Angaben eines westlichen Diplomaten zunächst keine neuen Forderungen stellen. Man wolle abwarten, ob der Iran Anzeichen für Zugeständnisse mache. Der Westen will aber jeden iranischen Versuch verhindern, lediglich Zeit gewinnen zu wollen. Die bisher letzten Gespräche waren im Jänner 2011 gescheitert, als sich die beiden Seiten nicht einmal auf eine Tagesordnung einigen konnten.
Die “Süddeutsche Zeitung” (Samstag-Ausgabe) berichtete unterdessen, in der iranischen Militäranlage Parchin südöstlich von Teheran sei in der Vergangenheit ein Bauteil für die Zündung eines Atomsprengkopfes getestet worden. Bisher war aus Berichten der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO/IAEA) bekannt, dass in der Anlage Experimente mit anderen wichtigen Bauteilen vorgenommen worden sein könnten. Deshalb dringt die IAEO darauf, dort Inspektionen durchführen zu dürfen.
Nach Angaben westlicher Diplomaten will die 5+1-Gruppe fordern, dass Teheran die unterirdische Urananreicherungsanlage Fordo (Fordow) schließt und die Anreicherung von Uran auf 20 Prozent stoppt. Ein Anreicherungsgrad von 20 Prozent reicht zwar nicht für den Bau von Atomwaffen – dafür wären 80 Prozent nötig -, ist aber ein Schritt in diese Richtung.
“Erwarten keinen großen Durchbruch”
Ashtons Sprecher Michael Mann sagte, Ziel sei es in Istanbul, zunächst die richtige Atmosphäre für Fortschritte herzustellen. “Wir erwarten keinen großen Durchbruch. Es hängt viel davon ab, was die Iraner vorlegen”, sagte er der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Aus der iranischen Delegation verlautete, Teheran wolle mindestens einen Fahrplan für weitere Verhandlungen und ein weiteres Gespräch vereinbaren.
Der Iran sei zu Kompromissen bereit, aber in erster Linie müssten die Sanktionen gegen das Land aufgehoben werden, hieß es aus iranischen Delegationskreisen. “Unser Standpunkt ist klar: Unser Recht auf zivile Atomtechnologie muss anerkannt werden, unsere Akte vom Weltsicherheitsrat in New York zurück an die IAEA nach Wien gehen. Und die Sanktionen müssen aufgehoben werden”, verlautete aus der iranischen Delegation.
“Zeit für taktische Spiele abgelaufen”
Das Treffen in Istanbul finde in einem Moment großer Anspannung in der Region statt, erklärte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle in Berlin. “Eines ist klar: Die Zeit für taktische Spiele jedweder Art ist längst abgelaufen”, sagte er.
(APA)