Neue Gentechnik: NGOs und AK erheben Vorwürfe gegen Konzerne

Dies sollen die Konzerne tun, um so hergestellte Lebensmittel von den strengen Regeln des EU-Gentechnikrechts auszunehmen. Gleichzeitig würde mit NGT-Patentanträgen versucht, die technischen Innovationen abzusichern und Schlupflöcher im Patentrecht auszudehnen. Diese Vorwürfe erhoben mehrere NGOs und die Arbeiterkammer Wien in einer Aussendung aufgrund einer gemeinsamen Recherche.
NGOs und AK werfen Konzernen doppeltes Spiel bei neuer Gentechnik vor
Die Befürchtung, dass gentechnisch veränderte Pflanzen, die mit neuen Methoden wie CRISPR/Cas hergestellt wurden, nicht unter das EU-Gentechnikrecht fallen, besteht schon länger. Damit würde eine Kennzeichnungspflicht ebenso wie eine Risikoprüfung entfallen. Eine gemeinsame internationale Recherche von Global 2000, Friends of the Earth Europe, Corporate Europe Observatory (CEO), Arche Noah, IG Saatgut (Interessensgemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit) und Arbeiterkammer Wien untersuchte nun die "Patentierungsflut" vor dem Hintergrund der aktuell diskutierten Deregulierung des EU-Gentechnikrechts.
Zwei Konzerne derzeit an der Spitze bei Patentierung
"Relativ klar" sei das Ergebnis dieser Untersuchung gewesen, hielt Brigitte Reisenberger, Global 2000-Gentechniksprecherin, in einem Hintergrundgespräch fest. Zwei Konzerne wären bei dem Rennen um die Patentierung aktuell an der Spitze und würden sich untereinander ausmachen, wer in Zukunft an vorderster Stelle agiere. Die Rede ist dabei von den beiden Branchenriesen Bayer aus Deutschland und seinem US-Pendant Corteva.
Corteva hätte Kontrolle über 40 Prozent des Saatgutmarkts
Corteva - früher Dow, DuPont und Pioneer - und Bayer, der Eigentümer von Monsanto, hätten laut Einschätzung der NGOs schon jetzt Kontrolle über 40 Prozent des globalen industriellen Saatgutmarkts. Was NGT-Pflanzen betrifft, so habe Corteva weltweit rund 1.430 Patente auf diese angemeldet, Nachzügler Bayer halte bei 119. Beide Konzerne hätten zudem auch weitreichende Lizenzabkommen mit den NGT-Forschungsinstituten abgeschlossen.
Erinnerung an Probleme der alten Gentechnik
Aufgrund dieser Patente erinnern die Verfasser der Studie an bereits bekannte Probleme in Zusammenhang mit der alten Gentechnik. Einerseits seien die Inhalte der Patente kaum zugänglich und damit die Information darüber, welche Pflanzen oder Eigenschaften patentiert sind. Dies führe auf Züchter- und Produzentenebene zu erheblicher Rechtsunsicherheit darüber, ob die Pflanzen, mit denen sie arbeiten, etwa mit Lizenzen behaftet sind. Monsanto, inzwischen mit Bayer fusioniert, hat in den USA zwischen 1997 und 2011 gegen Bäuerinnen und Bauern 144 Patentrechtsverletzungsklagen eingebracht.
Schließung von Schlupflöchern gefordert
"Wir fordern, dass Schlupflöcher im europäischen Patentrecht im Bereich der Biotechnologie und Pflanzenzüchtung dringend geschlossen werden und klare Regelungen getroffen werden, die konventionelle Züchtung von der Patentierbarkeit ausschließen", sagte Katherine Dolan von Arche Noah - das bäuerliche Recht auf Saatgut müsse sichergestellt werden.
Die AK-Expertin Iris Strutzmann sieht in den Patenten die Marktmacht ihrer Inhaber erhöht, was nicht nur die Vielfalt des Angebots minimiere, ebenso würden Patente auf Saatgut eine Bedrohung für die künftige Ernährungssicherheit sein. "Sie könnten auch zu einer Erhöhung der Lebensmittelpreise führen", hielt Strutzmann fest und forderte daher - wie alle Beteiligten: "Nein zu Patenten auf Saatgut. Nein zu einem Aufweichen bestehender Gentechnikstandards für die neue Gentechnik. Denn: Gentechnik betrifft uns alle."
(APA/Red)