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Neue EU-Behörde in Wien startet

In Wien nimmt am 1. Jänner die neue EU-Grundrechts-Agentur ihre Arbeit auf. Sie ersetzt die bisherige EU-Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, die auch in Wien angesiedelt war.

Ihre zentrale Aufgabe ist die Beratung der Mitgliedstaaten und der EU-Institutionen in Menschenrechts- und Grundrechtsfragen, wenn es um die Ausarbeitung oder Umsetzung neuer EU-Richtlinien geht.

Auf die Einrichtung der EU-Grundrechtsagentur als Nachfolgerin der Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC) hatten sich die EU-Staats- und Regierungschefs bei einem Gipfel im Jahr 2003 geeinigt. Ihre Zuständigkeit beschränkt sich auf das Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union. Keine Kompetenz hat die Agentur dagegen zur Überprüfung der Menschenrechtssituation in einzelnen EU-Staaten. Damit sollte verhindert werden, dass die Agentur einzelne EU-Staaten wegen Defiziten in den Grundrechten an den Pranger stellt. In Bereichen, in denen die EU eine starke Zuständigkeit hat wie beim Asylrecht, Visafragen oder der Freizügigkeit von Arbeitnehmern, kann die Agentur hingegen künftig eine wichtige Rolle spielen.

Dem Kompromiss war ein langes Tauziehen vorausgegangen. Vor allem der in Straßburg ansässige Europarat, der in seinen 46 Mitgliedstaaten über die Europäische Menschenrechtskonvention wacht, drängte auf eine genaue Abgrenzung zu der EU-Agentur. Die EU-Grundrechtsagentur wird sich dagegen primär mit der Lage in der EU befassen. Lediglich Kandidatenländer und Staaten, mit denen die Union ein Assoziierungs- und Stabilisierungsabkommen hat, können auch in die Arbeit der Agentur auf eigenen Wunsch hin aufgenommen werden. Um Doppelzuständigkeiten zu vermeiden, ist der Europarat im Aufsichtsrat der Agentur vertreten.

Lange Zeit war innerhalb der EU auch die Frage umstritten, ob die Grundrechtsagentur die Polizei- und Justizzusammenarbeit der EU-Staaten durchleuchten soll, die großteils zwischenstaatlich organisiert ist. Fazit: Sie kann sich auf Wunsch einzelner EU-Staaten deren Probleme in diesem Bereich ansehen, über eine rechtsverbindliche Zuständigkeit soll aber erst nach Prüfung in drei Jahren entschieden werden.

Außenministerin Ursula Plassnik (V) sprach Anfang Dezember von einem „Plus für den Menschenrechtsschutz in der Europäischen Union“. Damit werde eine Lücke im System des Menschenrechtsschutzes in Europa geschlossen. „Die Agentur wird EU-Institutionen und Mitgliedstaaten bei der Schaffung und Umsetzung von EU-Recht unterstützen und damit zur Einhaltung der Grundrechte durch die EU beitragen“, erklärte Plassnik. „Ziel ist eine lückenlos grundrechtskonforme und bürgernahe EU. Damit wird sie auch den einzelnen Bürgern einen Mehrwert bringen.“ Die Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in Europa, wie sie schon bisher von der Wiener Beobachtungsstelle wahrgenommen wird, bleibe ein Schwerpunkt auch der neuen Agentur.

Besonders wichtig war für Plassnik, dass die Grundrechtsagentur mit einem umfassenden Mandat ausgestattet wird, insbesondere im Bereich der justiziellen und polizeilichen Zusammenarbeit. Gerade in diesem Bereich sei eine effektive Grundrechtskontrolle besonders wichtig, um das Gleichgewicht zwischen Maßnahmen des Staates zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und den Menschen- und Freiheitsrechten des Einzelnen herzustellen. Mit der nun vorliegenden Lösung sei jedenfalls klargestellt, dass die Agentur auch in diesem Bereich auf Ersuchen einer EU-Institution oder eines Mitgliedstaats tätig werden kann.

„Ein Anliegen war mir, dass die Agentur auch die wichtige Außendimension der Menschenrechtsarbeit der EU erfasst. Der künftigen Agentur werden neue Instrumente an die Hand gegeben, um die rasche Übernahme von EU-Grundrechtsstandards durch Beitrittskandidatenländer und die Staaten des Westbalkans sicherzustellen“, so die Außenministerin.

Die EU-Grundrechtsagentur verfügt in den nächsten sieben Jahren über ein Budget in Höhe von 150 Millionen Euro. Sie soll zunächst drei Jahre lang zur Probe arbeiten. Nach dieser Prüfung könnte die Agentur eventuell Befugnisse für rechtsverbindliche Entscheidungen bekommen. Vor allem Großbritannien hat sich bisher dagegen ausgesprochen, der Agentur auch eine Zusammenarbeit mit der Polizei zu ermöglichen. Das Personal soll im Vergleich zur Rassismus-Beobachtungsstelle auf rund 100 Mitarbeiter verdreifacht werden.

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