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Neue Debatte über EU-Steuer

Mitten in der Brüsseler Sommer­pau­se ist eine neue Debatte über die Einführung einer "EU-Steuer" entbrannt. Die EU-Kommission bestätigte am Montag, dass Budgetkommissar Janusz Lewandowski am 21. September einen Vorschlag für eine stärkere Eigenfinanzierung des EU-Budgets präsentieren wird.

Im Gespräch sind Einnahmen aus einer neuen Finanztransaktions- oder Kerosinsteuer oder eine stärkere Beteiligung an CO2-Emissionsrechten. Während die österreichische Regierung positiv reagierte, winkte der größte EU-Nettozahler Deutschland ab.

Der polnische EU-Kommissar erklärte der Tageszeitung “Financial Times Deutschland”, er wolle mehrere Optionen für eine EU-Steuer vorschlagen, die direkt in das EU-Budget fließen sollte. So sei eine Luftverkehrsabgabe ebenso denkbar wie eine von Deutschland und Frankreich verlangte Finanztransaktionssteuer. Außerdem könnten auch Einnahmen aus einer Versteigerung von CO2-Emissionsrechten an die EU überwiesen werden.

Lewandowskis Sprecher Patrizio Fiorilli sagte, es sei “immens komplex”, eine Entscheidung zu treffen, die politisch akzeptabel, finanziell sinnvoll und praktikabel sein müsse. Zur Unterstützung der einzelnen Mitgliedsstaaten wollte sich der Sprecher nicht äußern. Es seien aber mehrere EU-Länder dafür, ihre eigenen Beiträge zu verringern. Lewandowski habe im Sommer eine Reise durch mehrere EU-Hauptstädte begonnen, und werde auch nach Paris, London und Rom reisen, um die EU-Steuer zu sondieren.

Bisher speist sich das EU-Budget zum größten Teil aus Überweisungen der Regierungen; eine eigene neue EU-Steuer lehnten die meisten EU-Länder aber ab. Laut Lewandowski hat sich die Stimmung inzwischen aber wegen der Sparzwänge der nationalen Budgets gewandelt. “Viele Länder wollen entlastet werden. Damit öffnet sich die Tür, über eigene Einnahmen nachzudenken,” sagte er der Zeitung.

Laut dem Sprecher handelt es sich bei den Überlegungen um eine “alte Geschichte”. Schon im Jahr 2006 hätten die EU-Staats- und Regierungschefs eine entsprechende Anfrage an die EU-Kommission gerichtet. Fiorelli betonte, dass die Entscheidung praktikabel sein müsse, denn es sei nicht sinnvoll, wenn man “100 Euro Einnahmen hat, und dafür 95 Euro für das Einsammeln des Geldes benötigt”.

Finanzminister Josef Pröll (V) teilte mit, dass er einer europäischen Finanztransaktionssteuer als EU-Steuer positiv gegenüber stehe. Eine solche Steuer könne nur europaweit eingeführt werden, “wenn man die als Finanzquelle für die EU nimmt, ist das eine Entlastung der Nettozahler”, sagte Prölls Sprecher Harald Waiglein auf APA-Anfrage. Man müsse auch “emotionslos” auch über die Einbeziehung des Luftverkehrs diskutieren, da Kerosin derzeit vollkommen unversteuert sei. Die Einführung einer EU-Finanztransaktionssteuer wird auch von Kanzler Werner Faymann (S) unterstützt.

Ein kategorisches Nein kam dagegen aus Berlin. “Die Forderung nach Einführung einer EU-Steuer steht im Widerspruch zu der im Koalitionsvertrag bestätigten Haltung der Bundesregierung”, sagte ein Sprecher des deutschen Finanzministeriums am Montag. Zahlreiche andere EU-Staaten, insbesondere die Mehrheit der Nettozahler, teilten die Bedenken Deutschlands gegenüber dem “Instrument der EU-Steuer als solches”, betonte der Sprecher.

Gegen eine “Europasteuer” wandte sich die FPÖ. Vizechef Norbert Hofer forderte in einer Aussendung, die “Extrawürste” einiger Mitgliedsstaaten wie den “Britenrabatt” zu überdenken. Von der Grünen Europaabgeordneten Ulrike Lunacek kam dagegen Lob für Budgetkommissar Lewandowski, der “die Zeichen der Zeit richtig erkannt” habe. Die EU brauche nämlich ein größeres Budget, um dem Ziel einer “Sozial- und Transferunion” näher zu kommen. Auch die deutschen Grünen begrüßten die Überlegungen zur Einführung einer EU-Steuer.

Aus EU-Kreisen verlautete, dass sich die Mitgliedsstaaten möglicherweise noch vor der neuen EU-Finanzvorschau 2013-2019 auf eine Änderung der Finanzierungsstruktur einigen könnten. Als entscheidend wird die dänische Ratspräsidentschaft im Jahr 2012 gesehen. Als Schwachpunkt einer EU-Steuer gilt, dass in diesem Fall die Ausgleichsmechanismen zur Berücksichtigung der Wirtschaftskraft der einzelnen Mitgliedsstaaten nicht mehr zu Tragen kämen.

Deutschland hatte 2008 mit 8,8 Milliarden Euro den größten EU-Nettobeitrag nach Brüssel überwiesen. Österreich war 2008 auf einen Nettobeitrag von 365 Millionen Euro gekommen. 2007 hatte er noch 563,2 Millionen Euro betragen, 2008 lag er nur noch bei 365 Millionen Euro. 2003 hatte er 331,9 Millionen ausgemacht, war 2004 auf 365,1 Millionen gestiegen, 2005 auf 277,9 Millionen gefallen und 2006 wieder auf 301,5 Millionen angestiegen.

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