“In fast jedem Wiener Bezirk standen eine Synagoge – in der Leopoldstadt sogar fünf – und mehrere Bethäuser. Jede Spur davon ist heute verwischt”, unterstrich Museumsdirektorin Danielle Spera bei einem Pressetermin zur Eröffnung der Ausstellung.
Die Bauten waren ab Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden – nachdem Kaiser Franz Joseph I. den Juden die Gründung einer Gemeinde und damit auch den Bau von im Stadtbild sichtbaren Gotteshäusern gewährte. Das war zuvor über Jahrhunderte hinweg nicht möglich.
Synagogen und Bethäuser in Wien
So entstanden in Wien kontinuierlich Synagogen und Bethäuser. Der Stil der Bauten reichte von ganz schlicht bis hin zur repräsentativ. In einer einzigen Nacht – vom 9. auf den 10. November 1938 – wurden diese Werke von den Nazis in Brand gesteckt. Interessant: “Die Nazis haben zwar die Synagogen zerstört, aber die Pläne akribisch aufgehoben”, so Spera. Diese Dokumente dienten als Basis für ein Projekt von Bob Martens, Professor an der Technischen Universität Wien, und Architekt Herbert Peter. Dieses startete vor mehr als 15 Jahren – mit dem Ziel, die zerstörten Bauten zumindest virtuell wieder begehbar zu machen.
Die Ergebnisse sind nun im Jüdischen Museum am Judenplatz zu sehen: “Wir haben versucht, der Wirklichkeit ein Stück weit nahe zu kommen. Ich denke, dass das gelungen ist”, bilanzierte Martens. Und sein Kollege Peter fügte hinzu: “Unser Ansatz war, dass – wenn jemand aus der Ausstellung rausgeht – wirklich etwas hängen bleibt.” Gezeigt werden Ansichtskarten, zeitgenössische Darstellungen, Interviews mit Zeitzeugen, Pläne, Modelle und Dokumentationen wie das Brandbuch der Wiener Feuerwehr von November 1938.
Virtuelle Rekonstruktionen im Jüdischen Museum
Highlight sind die computergestützten Darstellungen der zerstörten Synagogen, die mittels Tablet auf die Wände projiziert werden. “Was mir sehr, sehr gefällt, das sind die Räume, die wir betreten können – aber nur virtuell”, lobte Ausstellungskurator Werner Hanak-Lettner die Ergebnisse des Projekts. In der realen Welt gibt es die Bauten nicht mehr – auf den meisten Grundstücken befinden sich heute Gemeinde- und Genossenschaftsbauten aus den 1950er- und 1960er-Jahren. An fast allen Standorten gibt es Gedenktafeln, die an die Geschichte erinnern.
Spera würde sich eine deutlichere und einheitliche Kennzeichnung der Orte wünschen, an denen sich einst die Synagogen befanden. Dies sei bei den zuständigen Stadträten deponiert, so die Museumsdirektorin: “Wir haben das schon mehrmals angeregt.”
Die Schau “Wiener Synagogen. Ein Memory” läuft bis 17. November. Dann übersiedelt sie in die Museums-Dependance in der Dorotheergasse und wird Teil der dortigen Dauerausstellung.
(APA)