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Netanyahu zu Nahost-Gesprächen in Washington

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu ist zu Gesprächen mit US-Präsident Barack Obama über den Nahost-Friedensprozess und die umstrittene israelische Siedlungspolitik nach Washington gereist. Netanyahu, dessen jüngster Besuch im Weißen Haus im März frostig ausgefallen war, traf am Dienstagmorgen in den USA ein. In den Gesprächen sollte es auch um den israelischen Angriff auf die Gaza-Hilfsflotte Ende Mai gehen.
Netanyahu sagt Treffen mit Obama ab
Siedlungsbau belastet Treffen

Bereits im Vorfeld des mehrtägigen Besuchs in den USA hatten sich Fortschritte im Bemühen um eine Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern abgezeichnet. Sie liegen seit Ende 2008 und damit seit der israelischen Militäroffensive im Gazastreifen auf Eis. “Ich glaube, dass sich ein großer Teil meiner Gespräche mit Präsident Obama in der kommenden Woche darum drehen wird, wie wir rasch direkte Friedensgespräche zwischen Israel und den Palästinensern beginnen können”, sagte Netanyahu vergangene Woche.

Am Montag hatten sich bereits Israels Verteidigungsminister Ehud Barak und der palästinensische Regierungschef Salam Fayyad zu Gesprächen getroffen.

Zu den Treffen in Washington sollten im Laufe des Dienstags auch US-Vizepräsident Joe Biden und Mitglieder des israelischen Kabinetts stoßen. Es wurde erwartet, dass der Empfang Netanyahus wesentlich freundlicher als Ende März ausfällt. Washington hatte es als Affront empfunden, dass Israel ausgerechnet während eines Besuchs von Biden in Israel den Bau der 1600 neuen Wohnungen in Ost-Jerusalem angekündigt hatte. Bei dem kühlen Treffen verweigerte Obama Netanyahu unter anderem das traditionelle Foto vom Händeschütteln.

Als weiterer Punkt auf der Agenda war am Dienstag die Siedlungspolitik der Israelis in den Palästinensergebieten vorgesehen, die als einer der zentralen Streitpunkte im Nahost-Konflikt gilt. Die Palästinenser fordern einen vollständigen Baustopp. Die israelische Regierung hatte Ende November auf Druck der USA einen auf zehn Monate befristeten Baustopp für jüdische Siedlungen im Westjordanland verhängt. Das Moratorium gilt jedoch nicht für bereits im Bau befindliche Wohnungen und öffentliche Bauten wie Synagogen, Schulen und Krankenhäuser.

Die USA fordern eine Verlängerung des Moratoriums, was jedoch von rechtsgerichteten Regierungsmitgliedern abgelehnt wird. Kultur- und Sportministerin Limor Livnat kündigte am Dienstag an, dass Israel den Bau jüdischer Siedlungen nach dem Ende des Moratoriums wieder vorantreiben will. Es gebe “nicht den geringsten Zweifel”, dass die Maßnahmen im Westjordanland nach dem 26. September wieder aufgenommen würden, sagte sie im Militärrundfunk. Der Baustopp sei lediglich “vorübergehend” gewesen.

Als Kontrapunkt zu Netanyahus Gesprächen im Weißen Haus hat die israelische Menschenrechtsorganisation Betselem am Dienstag die neuesten Zahlen über Siedlungen veröffentlicht. Danach leben im Westjordanland rund 301.200 israelische Siedler in 121 Siedlungen sowie rund 100 wilden Außenposten unter 2,4 Millionen Palästinensern. Weitere 200.000 Israelis wohnen in Ostjerusalem. Die Zahl der Siedler im Westjordanland hat sich in den 17 Jahren seit Beginn des Friedensprozesses von Oslo von rund 110.000 nahezu verdreifacht.

Die USA erhofften sich von Netanyahus Besuch auch Auskünfte über den Stand der Untersuchung des Angriffs auf die internationale Gaza-Hilfsflotte, bei dem am 31. Mai neun türkische Aktivisten getötet wurden. Einer von ihnen hatte auch die US-Staatsbürgerschaft. Seither sind die Beziehungen zwischen Israel und der Türkei stark belastet. Außenminister Ahmet Davutoglu forderte am Dienstag im türkischen Fernsehen erneut eine Entschuldigung Israels und zudem Entschädigungszahlungen.

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