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Netanyahu verdeutlicht seine "rote Linie" im Atomstreit mit dem Iran

Dramatischer Auftritt von Israels Regierungschef bei UN-Generaldebatte.
Dramatischer Auftritt von Israels Regierungschef bei UN-Generaldebatte. ©EPA
Benjamin Netanyahu brachte eine explosive Requisite zu seiner Rede vor der UN-Vollversammlung mit: Während seiner Ausführungen über die Bedrohung durch das iranische Atomprogramm holte der israelische Regierungschef die Zeichnung einer Bombe hervor, symbolisch unterteilt in die verschiedenen Etappen der Urananreicherung.

Dann nahm Netanyahu einen roten Filzstift und markierte eine fette Linie am oberen Ende der cartoonartigen Bombenskizze, kurz vor der Zündschnur. Spätestens hier müsse Teheran gestoppt werden – sonst sei die “Zukunft der Welt” in Gefahr.

Führung des Iran stehe kurz vor Atombombe

Mit dem dramatischen Auftritt bei der UN-Generaldebatte deutete Netanyahu am Donnerstag erneut an, dass Israel ab einem bestimmten Punkt entschlossen wäre, das iranische Atomprogramm militärisch auszuschalten. Auch wenn die Regierung in Teheran immer wieder beteuert, sie strebe nur eine zivile Nutzung der Atomenergie an, ist der Fall für den israelischen Ministerpräsidenten klar: Die Führung des Iran, die den Holocaust mehrfach leugnete und Israel das Existenzrecht absprach, steht kurz vor den Atombombe.

Unter Berufung auf die Internationale Atomenergiebehörde sagte Netanyahu, dass Teheran bereits 70 Prozent des Urans angereichert habe, das es für Atomwaffen benötige. Im nächsten Frühling, spätestens aber im Sommer dürfte der Iran dann nur noch “wenige Monate oder Wochen” von der Bombe entfernt sein, warnte er. Vor dieser letzten Anreicherungsstufe zieht der israelische Regierungschef seine rote Linie, mit dem Filzstift ebenso wie politisch.

USA von Ultimatum nicht besonders begeistert

Beim engsten Verbündeten Israels kommt Netanyahus Ultimatum nicht besonders gut an. Die Regierung von US-Präsident Barack Obama will sich nicht auf konkrete Grenzwerte festlegen, die quasi automatisch einen Militäreinsatz zur Folge hätten. Obama wiederholte in seiner Rede vor der UNO am Dienstag zwar, dass er alles tun werde, um einen nuklear bewaffneten Iran zu verhindern. Von “roten Linien” sprach er aber nicht.

Die Außenminister der fünf UN-Vetomächte und Deutschlands, die um eine Verhandlungslösung mit dem Iran ringen, sprachen sich bei einem Treffen am Rande der UN-Generaldebatte nach Angaben aus Teilnehmerkreisen dafür aus, die diplomatischen Bemühungen fortzusetzen. Netanyahu sagte in seiner Rede dagegen, dass Teheran die Verhandlungen nutze, um “Zeit zu kaufen”. Selbst die scharfen Sanktionen hätten das iranische Atomprogramm nicht stoppen können.

“Rote Linien führen nicht zu Krieg”, hielt Netanyahu Kritikern entgegen, die ihm vorwerfen, die militärische Konfrontation zu suchen. “Rote Linien verhindern Krieg.” Dann sprach er über die NATO-Bündnispflicht, die im Kalten Krieg zur Erhaltung des Friedens in Europa beigetragen habe. Und über die rote Linie, die US-Präsident John F. Kennedy einst gegenüber der Sowjetunion in der Kuba-Krise gezogen haben. Als Gegenbeispiel führte er die Appeasement-Politik des Westens gegenüber Adolf Hitler in den 1930er Jahren an.

Iran zeigt sich unbeeindruckt

Netanyahu zeigte sich überzeugt, dass die iranische Regierung nachgeben werde, sollten ihr klare Grenzen aufgezeigt werden. Der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad schien dagegen Anfang der Woche vor Journalisten in New York unbeeindruckt. “Ich denke nicht, dass diese Drohungen von grundlegender Bedeutung sind”, sagte er. Und sollte Israel angreifen, wüsste sich sein Volk zu verteidigen. Aus der iranischen UN-Vertretung hieß es nach Netanyahus Rede, der Iran werde für jede ausländische Attacke “Vergeltung üben”.

Mehrere Staatsmänner warnten in dieser Woche in ihren Reden vor der UN-Vollversammlung vor einseitigen Militäraktionen. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon beklagte das “schrille Kriegsgerede” im Atomstreit mit dem Iran. Deutschlands Außenminister Guido Westerwelle (FDP) erklärte nach der Rede Netanyahus, dass Deutschland die “große Sorge Israels” teile. Der Iran stehe in der Pflicht, die “Zweifel an den friedlichen Absichten” seines Atomprogramms auszuräumen. Allerdings sei eine diplomatische Lösung noch immer möglich.

(APA)

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