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Nepal: Himalaya-Königreich in der Krise

Fast täglich füllen tausende Nepalesen mit dem Ruf nach einer Rückkehr zur Demokratie die Straßen von Kathmandu. Nachts finden sich viele von ihnen in Gefängniszellen wieder.

Die meisten werden kurze Zeit danach wieder entlassen und strömen protestierend auf die Straßen zurück. Der Kreislauf beginnt von neuem. Die Massenfestnahmen haben international Kritik hervorgerufen – und werfen ein Schlaglicht auf die sich verschärfende politische Krise in Nepal.

Seit König Gyanendra im Juni 2001 den Thron bestieg, ist das Land nicht zur Ruhe gekommen. Proteste in Kathmandu und massive Gefechte zwischen Regierungstruppen und maoistischen Rebellen dominierten bald die Schlagzeilen. Rund ein Jahr später löste Gyanendra das Parlament auf und entließ nach internen Querelen die Regierung, der er Unfähigkeit vorwarf. Statt dessen setzte er ein ihm loyales Kabinett ein. Neuwahlen hat es bis heute nicht gegeben. Die Forderung nach einer Wiederherstellung der demokratischen Institutionen hingegen ist unüberhörbar.

„Der König strebt offenbar nicht ernsthaft an, die Probleme zu lösen”, erklärte dieser Tage der Vorsitzende der Vereinigten Marxisten-Leninisten, Madhav Kumar Nepal. Gemeinsam mit anderen großen Parteien des Landes unterstützt er die Demonstrationen. König Gyanendra, der nach einem – laut offizieller Darstellung vom Königssohn ausgelösten – Blutbad im Palast den Thron von seinem Bruder Birendra übernommen hatte, hat unterdessen zu Gesprächen aufgerufen. Zum nepalesischen Neujahrsfest am 13. April forderte er:

„Lasst uns dieses Jahr zu einem Jahr des Friedens machen.”

Nepal hat nach Ansicht von Beobachtern den Dialog dringend nötig. Zum einen wächst der Druck der Straße, zum anderen haben Bürgerkrieg und politische Krise der Wirtschaft in den vergangenen Jahren schweren Schaden zugefügt. Die Tourismusbranche meldet einen anhaltenden Einbruch, einige der Trekkingrouten im Himalaya werden aus Angst vor Rebellenangriffen bereits weitgehend gemieden.

Seit dem Ende einer Waffenruhe im vergangenen Jahr haben die Maoisten ihre Attacken wieder verstärkt. Dem Aufstand fielen seit 1986 mehr als 9.000 Menschen zum Opfer; das Leben ausländischer Touristen verschonten die maoistischen Rebellen jedoch bisher. Überfälle auf Trekker dienten vor allem dazu, Geld und Kameras zu erbeuten.

Gespräche so schnell wie möglich sind auch angesichts eines Gebertreffens in dieser Woche in Kathmandu erforderlich. Internationale Regierungen und Hilfsorganisationen zeigen sich zunehmend besorgt über die Lage im Himalaya-Königreich. Zu dem Treffen am Mittwoch und Donnerstag will sich Nepal von seiner besten Seite präsentieren. Immerhin ist das Land stark von internationaler Hilfe abhängig. Ein Drittel des nepalesischen Haushalts kommt aus dem Ausland.

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