AA

Nehammers Berufspflicht-Vorschlag zum Ärztemangel: Kritik von den Grünen

Karl Nehammers Vorschlag zum Ärztemangel stößt auf Kritik.
Karl Nehammers Vorschlag zum Ärztemangel stößt auf Kritik. ©REUTERS (Symbolbild)
Nicht nur mit seiner Klimakrisen-Skepsis stößt Karl Nehammer auf Widerstand der Grünen. Auch der Vorschlag, wegen des Ärztemangels eine Berufspflicht für Absolventen des Medizinstudiums einzuführen, wird abgelehnt.
Nehammer-Rede: Das ist die Kritik der Grünen
Grüne Kritik nach Nehammer-Rede
Nehammer für Verbrennungsmotor und weniger Sozialhilfe

Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner plädierte am Dienstag im Ö1-"Morgenjournal" stattdessen dafür, den Beruf zu attraktivieren - etwa durch den geplanten Ausbau der Primärversorgungszentren.
Das Problem werde dadurch nicht gelöst, meinte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) gegenüber der APA. Es gelte, Stellen mit Kassenvertrag und in bestimmten Mangelfächern attraktiver zu machen.

Nehammers Rede zur "Zukunft der Nation"

Nehammer hatte in seiner Rede "zur Zukunft der Nation" am Freitag davon gesprochen, dass man 800 zusätzliche Kassenärzte bis 2030 brauchen werde, um die Versorgung in Stadt und Land tatsächlich sicherstellen zu können. Er sprach sich daher für mehr Studienplätze, aber eben auch für die Berufspflicht aus. Jene, die das Medizinstudium in Österreich abschließen, sollten "dann eben auch der Gesellschaft ein Stück weit etwas von dem zurückzugeben, was sie kostenlos in Anspruch genommen haben". Denn, so der Kanzler: Sowohl deutsche Absolventen in Österreich als auch österreichische Absolventen in Deutschland blieben lieber dort: "Das ist eine Entwicklung, die nicht vernünftig ist."

Für wie lange diese Pflicht gelten soll, ging aus Nehammers Rede und auch dem dazu verteilten ÖVP-Papier nicht hervor. Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) wusste da am Dienstag schon mehr und sprach in einer Aussendung von fünf Jahren. "Wir investieren in jeden Medizinstudenten 360.000 Euro. Deshalb halte ich die vorgeschlagene Verpflichtung von Medizinstudenten, fünf Jahre in Österreich praktizieren zu müssen, für einen wichtigen Vorschlag", erklärte sie.

Um Stellen mit Kassenvertrag und in bestimmten Mangelfächern attraktiver zu gestalten, setze das Gesundheitsministerium eine Reihe von Verbesserungen um, wurde betont. Die Zahl der Primärversorgungseinrichtungen werde bis 2025 verdreifacht. Dort entstünden Arbeitsplätze im Kassenbereich mit attraktiven Arbeitsbedingungen für junge Ärztinnen und Ärzte. Die Einführung des Facharztes bzw. der Fachärztin für Allgemein- und Familienmedizin werde dieses Fach ebenfalls attraktiver machen. Rauch unterstrich auch, dass Österreich im internationalen Vergleich über eine hohe Dichte verfüge, es mangle also nicht generell an Ärzten. Ein Mangel existiere aber in bestimmten Bereichen, etwa bei Kassenstellen in bestimmten Regionen oder Fächern.

Berufspflicht-Vorschlag zum Ärztemangel: Kritik von den Grünen

Bei den Grünen will man davon nichts wissen, und zwar weder auf Regierungsebene noch im Parlamentsklub. "Eine Verpflichtung für Absolvent:innen des Medizinstudiums, in Österreich tätig zu werden, löst nach unserer Einschätzung diese Probleme nicht", erklärte Gesundheitsminister Rauch: "Nur wenn Menschen ihren Beruf freiwillig und mit Freude ergreifen, werden sie ihn auch langfristig ausüben. Nur das bringt eine dauerhafte Entlastung für das bestehende Personal, das schon seit langer Zeit an seiner Belastungsgrenze arbeitet. Wenn Ärzt:innen nach Ablaufen einer Verpflichtung Österreich verlassen, ist das Problem nicht gelöst, sondern nur zeitlich verschoben."

Ähnlich hatte sich im Februar auch Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) geäußert. Es sei für ihn vorstellbar, einen privilegierten Zugang zum Medizinstudium für jene zu schaffen, die sich für eine gewisse Zeit dem öffentlichen Gesundheitsdienst verpflichten, hatte er da gemeint. "Zwangsverpflichtungen" als Kassenärzte lehnte er ab: "Damit kann man, glaube ich, nicht arbeiten."

Ärztekammer setzte Absage an Nehammer

Von der Ärztekammer hatte es bereits vergangene Woche eine Absage an Nehammer gesetzt. "Zwangsverpflichtungen in jeder Form lehnen wir ab", sagte Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte, als Reaktion auf die Rede des ÖVP-Obmanns: "Wir müssen vielmehr danach trachten, dass wir jene, die bei uns ausgebildet werden, mit attraktiven Angeboten in Österreich halten. Ohne Zwang. Zwang ist leistungshemmend."

Europarechtlich wäre eine allgemeine und österreichweite Berufspflicht jedenfalls möglich, erklärte EU-Rechtsexperte Walter Obwexer von der Uni Innsbruck im "Morgenjournal".

(APA/Red)

  • VIENNA.AT
  • Österreich
  • Nehammers Berufspflicht-Vorschlag zum Ärztemangel: Kritik von den Grünen
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen