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Nehammer kündigt nach Anschlag in Wien Überwachung von Kirchen an

Innenminister Nehammer kündigte nach dem Anschlag in Wien nun die Überwachung von Kirchen an
Innenminister Nehammer kündigte nach dem Anschlag in Wien nun die Überwachung von Kirchen an ©APA/GEORG HOCHMUTH
Nach Ermittlungserkenntnissen, dass der Attentäter von Wien gezielt Opfer in Gotteshäusern gesucht habe, sollen nun präventiv Kirchen polizeilich überwacht werden.
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Der Attentäter, der beim Terror-Anschlag in der Wiener Innenstadt am 2. November vier Passanten getötet hat, dürfte gezielt auf weitere Opfer in Kirchen aus gewesen sein, ehe er von der Polizei erschossen wurde. Das hat Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Donnerstag unter Verweis auf entsprechende Erkenntnisse der 60-köpfigen Ermittlungsgruppe "2. November" bei einem Pressegespräch am Minoritenplatz durchblicken lassen.

Einzelheiten dazu gab Nehammer nicht preis. Die Kommunikation zum laufenden Ermittlungsverfahren sei das "Exklusivrecht" der Staatsanwaltschaft Wien, hieß es. Die Sprecherin der Wiener Anklagebehörde, Nina Bussek, meinte im Anschluss auf APA-Anfrage, sie könne Nehammers Angaben nicht kommentieren. Der Staatsanwaltschaft liege kein entsprechender Bericht vor.

Verstärkte Überwachung von Kirchen und Synagogen

Jedenfalls ordnete Nehammer am Donnerstag die verstärkte Bewachung von Kirchen und Synagogen in sämtlichen Bundesländern an. Die neun Landespolizeidirektionen sowie die Ämter für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung wurden dahin gehend informiert, Kultusministerin Susanne Raab (ÖVP) unterrichtete wiederum die betroffenen Kirchen- und Religionsgemeinschaften. Die Polizeikräfte würden ab sofort verstärkt vor Kirchen, Synagogen und anderen religiösen Einrichtungen Präsenz zeigen, kündigte Nehammer an. Die freie Religionsausübung sei ein hohes Gut, dieses gelte es zu schützen. "Wir können nur gemeinsam in Österreich gegen den Terror kämpfen", bemerkte der Innenminister. Es bedürfe eines "gesellschaftlichen Schulterschlusses", um zu signalisieren, "dass wir uns vom Terror nicht einschüchtern lassen".

Konkretes Bedrohungsszenario liege derzeit nicht vor

Ein konkretes Bedrohungsszenario gegen kirchliche Einrichtungen und Stätten der Religionsausübung liegt laut Nehammer gegenwärtig zwar nicht vor. Allerdings befinde man sich in einer "besonders heiklen Phase", weil ein Terror-Anschlag erfahrungsgemäß Nachahmungstäter auf den Plan rufen könnte.

Zukünftig werden bei bestimmten Anlässen wie terroristischen Bedrohungsszenarien oder Ereignissen, bei denen Anschläge nicht ausgeschlossen werden können, mobile Streifen des Einsatzkommandos Cobra/DSE (EKO Cobra) mit gepanzerten Fahrzeugen sowie uniformierte Cobra-Beamte mit schwerer Ausrüstung eingesetzt. Die "schnellen Eingreifgruppen" sollen im Alarmfall bewaffnete Täter oder Personen, von denen eine hohe Gefahr ausgehen könnte, identifizieren, orten, binden und gegebenenfalls neutralisieren. Die spezialisierten Beamten sind über die Sanitäter-Ausbildung hinaus in taktischer Verwundeten-Versorgung und der Sofortbehandlung von Schwerverletzten geschult. Sie können insbesondere bei der Erstversorgung von Schuss-, Stich- oder sonstigen schweren traumatischen Verletzungen rasche Hilfe leisten, betonte Brigadier Hannes Gulnbrein bei der Vorstellung der "Rapid Response Teams" am Minoritenplatz.

Das EKO Cobra hat aktuell acht Standorte, nämlich in Wien, Wiener Neustadt, Graz, Linz, Innsbruck, Salzburg, Klagenfurt/Krumpendorf und Feldkirch. An jedem Standort steht neben einer "schnellen Eingreifgruppe" auch eine Bereitschaft rund um die Uhr zur Verfügung, sodass jeder Einsatzort in Österreich innerhalb von 70 Minuten erreicht werden kann.

Die Anzahl der eingesetzten "schnellen Eingreifgruppen" ist situationsabhängig. Derzeit stehen sie flächendeckend im gesamten Bundesgebiet im Dienst. Zurückgegriffen wird auf sie hauptsächlich in Ballungszentren, Regierungsvierteln, Einkaufszentren, bei Sehenswürdigkeiten oder bei kritischer Infrastruktur wie Flughäfen.

FPÖ vermutet Ablenkungsmanöver Nehammers

Die katholischen Diözesen stehen hinsichtlich der vom Innenminister angekündigten erhöhten Sicherheitserfordernisse in Kirchen bereits in Kontakt mit den zuständigen Landesbehörden, also Verfassungsschutz und Polizeidirektionen, teilte die Kathpress am Donnerstag mit. Die FPÖ vermutet hingegen ein Ablenkungsmanöver - und zwar von den Corona-Maßnahmen.

Diese erachtet Klubobmann Herbert Kickl nämlich als "absurd". Und Minister Karl Nehammer (ÖVP) habe bisher immer von einem Einzeltäter gesprochen. Jetzt stelle sich die Frage, ob es eine akute Terrorlage gibt. Gibt es sie nicht, "dass ist die Behauptung, dass der damalige Täter auch Kirchgänger töten wollte, ein reines Ablenkungsmanöver", meinte Kickl in einer Aussendung. Er hielte die Einberufung des Nationalen Sicherheitsrates oder eine Sondersitzung des Unterausschusses für Inneres für geboten.

(APA/Red)

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