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Nehammer ist weiter für "grünen Verbrenner"

Nehammer setzt sich weiter für "grünen Verbrenner" ein.
Nehammer setzt sich weiter für "grünen Verbrenner" ein. ©APA/AFP/BELGA/NICOLAS MAETERLINCK
Bundeskanzler Karl Nehammer erklärte vor dem Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs, er setze sich weiter für den "grünen Verbrenner mit E-Fuels" ein.

Brüssel. Der Streit um das geplante Aus für Verbrenner-Neuwagen ab 2035 dominiert im Hintergrund den EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel. Nehammers deutscher Amtskollege Olaf Scholz sieht die Gespräche über eine Lösung auf "einem guten Weg".

Nehammer setze sich weiter für "grünen Verbrenner" ein

Aus der Sicht der deutschen Bundesregierung gebe es bereits eine "klare Verständigung". Dazu gehöre, dass die Europäische Kommission einen Vorschlag mache, wie auch nach 2035 ausschließlich mit klimaneutralen E-Fuels betriebene Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor zugelassen werden können, so Scholz.

"Es geht jetzt eigentlich nur noch ganz pragmatisch darum, den richtigen Weg zu finden, diese von der Kommission ja längst gegebene Zusage umzusetzen", sagte Scholz. Es sei "immer richtig, sich an die eigenen Zusagen zu halten."

Die EU-Kommission widersprach den Äußerungen von Scholz, dass sie im Verbrenner-Streit "längst gegebene Zusagen" umsetzen solle. Die Behörde habe zu keinem Zeitpunkt einen Vorschlag vor der Abstimmung über das umstrittene Gesetz versprochen, die die deutsche Bundesregierung zuletzt blockiert hatte.

Den Angaben zufolge wurde im November bei einem Treffen von EU-Botschaftern eine Erklärung verlesen, in der es hieß: "Nachdem die Verordnung durch das Europäische Parlament und den Rat endgültig angenommen wurde, wird die Kommission den potenziellen Beitrag von CO2-neutralen Kraftstoffen zur Erreichung einer klimaneutralen Mobilität prüfen."

Nehammer betonte unterdessen, "uns ist wichtig, dass wir den technischen Fortschritt zulassen, dass wir nicht innovationsfeindlich sind". Er werde sich weiter für den "grünen Verbrenner mit E-Fuels" einsetzen, und die Staaten unterstützen, die dieses Thema auf die Agenda setzen.

Kritik an der deutschen Regierung vom lettischen Ministerpräsident

Kritik an der deutschen Regierung kam vom lettischen Ministerpräsident Krisjanis Karins. "Das ist ein sehr, sehr schwieriges Zeichen für die Zukunft", sagte er. Es sei verwunderlich, dass eine Regierung sich plötzlich anders entscheide, nachdem eine Vereinbarung getroffen worden sei. "Die gesamte Architektur der Entscheidungsfindung würde auseinanderfallen, wenn wir das alle tun würden", sagte er weiter.

Ebenfalls Kritik kam von EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola. Ohne Deutschland explizit zu nennen, sagte Metsola, dass man keine Abmachung rückgängig machen könne. Es gehe um Vertrauen zwischen den Mitgesetzgebern und um die Glaubwürdigkeit des Verfahrens. "Wenn wir von unseren Bürgern gebeten oder beauftragt werden, in einem bestimmten Bereich Gesetze zu erlassen (...), dann müssen wir bereit sein, dies zu tun. Und wenn wir das tun, dann müssen wir auch liefern."

Der luxemburgische Regierungschef Xavier Bettel zeigte sich genervt von der Debatte. Man könne über alles reden, aber das Thema stehe eigentlich nicht auf der Agenda, sagte Bettel. "Es ist ja kein Wunschkonzert, wenn wir nach Brüssel kommen." Bettel betonte, dass jede Institution bei ihren Kompetenzen bleiben solle und der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs nicht für alles zuständig sein sollte.

Mark Rutte erwartet eine baldige Lösung

Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte erwartet eine baldige Lösung. "Ich denke, wir werden es schaffen, vielleicht nicht heute und morgen, aber in den nächsten Tagen", sagte er. Er habe Vertrauen, dass eine Lösung gefunden werde auf Grundlage der Lösung, die die EU-Kommission vorgeschlagen habe. "Das bedeutet, dass wir nicht neu verhandeln müssen und dass wir eine Lösung im Rahmen der ursprünglichen Vereinbarung finden können."

Es geht um die Zukunft des Autos, wie wir es seit Jahrzehnten kennen - mit einem Verbrennungsmotor, der Diesel oder Benzin tankt und CO2 ausstößt. Eigentlich hatten sich Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten bereits im Herbst darauf verständigt, dass in der EU ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden dürfen. Doch die vorgesehene Bestätigung durch die EU-Staaten scheiterte überraschend an Deutschland. Mittlerweile haben sich auch andere Staaten, darunter Österreich, der Blockade angeschlossen.

Deutschland handelte jedoch einen Zusatz in das Abkommen, wonach die EU-Kommission einen Vorschlag vorlegen soll, wie nach 2035 Fahrzeuge zugelassen werden können, die ausschließlich mit CO2-neutralen Kraftstoffen betrieben werden. Damit sind sogenannten E-Fuels gemeint, also künstliche Kraftstoffe, die mit Ökostrom erzeugt werden und klimaneutral sind.

In der EU-Kommission las man den entsprechenden Absatz stets so, dass davon Sonderfahrzeuge wie Kranken- oder Feuerwehrwagen betroffen sein sollen. Nach Berliner Lesart soll die E-Fuel-Ausnahme dagegen für alle Fahrzeuge gelten.

Vorwürfe von Schieder gegen Nehammer

SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder warf Nehammer vor, auf irreführende Fakten eines US-Klimaskeptikers zu setzen. "Ob Verbrenner-Aus, Pestizidreduktion oder Gebäudesanierung, mitten in der konkreten Umsetzung wird taktiert und verzögert", kritisierte er. Dagegen forderte die ÖVP-Europaabgeordnete Barbara Thaler in Hinblick auf das Verbrenner-Aus: "Wir müssen diesen europäischen Sonderweg jetzt beenden, bevor er uns in eine industrielle Sackgasse führt, und dafür auf Technologieneutralität setzen."

"Nehammer muss endlich seine grüne Ministerin (Leonore, Anm.) Gewessler an die Kandare nehmen, damit sie im nächsten Ministerrat gegen das Verbrenner-Verbot stimmt", forderte der freiheitliche Europaparlamentarier Roman Haider.

Auch die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisierte Nehammer. "Dass sich Kanzler Nehammer weiter gegen das Verbrenner-Aus stemmt, ist ein Armutszeugnis und zeigt, dass der Bundeskanzler lieber aufs Gaspedal in Richtung Abgrund steigt, als der drohenden Klimakatastrophe in Auge zu sehen", erklärte Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace in Österreich, in einer Stellungnahme gegenüber der APA.

(APA/Red)

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