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Nazi-Jäger rügen Österreich

Simon Wiesenthal Center in L.A.
Simon Wiesenthal Center in L.A.
Im jüngsten Jahresbericht wirft das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Los Angeles auch Österreich „erbärmliches Versagen“ bei der Verfolgung bekannter Holocaust-Verbrecher vor.

Ähnlich negativ beurteilt wurden unter anderem Deutschland, Australien, Kanada, Polen und Kroatien. Diese Staaten eine schlechte Benotung, weil sie „vor allem aus mangelndem politischen Willen, mangelnden Ressourcen oder mangelnder Expertise“ keine Ergebnisse im Beobachtungszeitraum von April 2006 bis März 2007 vorweisen konnten.

USA sind Vorbild

Ganz im Gegensatz dazu lobt der Bericht die USA und besonders das US-amerikanische „Office of Special Investigations“ für die Ausbürgerung und Abschiebung vieler NS-Verbrecher. Lobend erwähnt wird auch Italien, das im vergangenen Jahr laut dem Bericht mehr als zehn Holocaust-Täter verurteilte.

Dass sich die Verfolgung weiter lohne, sei aus den vorliegenden Daten ersichtlich, sagte der Verfasser des Wiesenthal-Berichts, Efraim Zuroff. „Seit Jänner 2001 sind 67 NS-Verbrecher verurteilt, zumindest 49 neue Anklagen erhoben und Dutzende neue Ermittlungen aufgenommen worden“, unterstrich Zuroff, der die Nachforschungen von Jerusalem aus weltweit koordiniert.

Zu spät? “Nein!”

Das Argument, es sei zu spät die Nazi-Täter vor Gericht zu bringen, lässt er nicht gelten. Oft sei es nicht in erster Linie das Alter der Verdächtigen, das der Gerechtigkeit im Wege stehe, sondern der Mangel an politischem Willen. Der Erfolg der US-Amerikaner „sollte ein Katalysator für Regierungen auf der ganzen Welt sein, ernsthaft einen Versuch zu unternehmen, möglichst viel Gerechtigkeit zu erreichen, solange dies noch möglich ist“, forderte Zuroff in seinem Bericht.

Österreich als Nazi-Versteck?


Zwei der elf meist gesuchten NS-Verbrecher sollen sich dem Wiesenthal-Report zufolge in Österreich aufhalten. Einer von ihnen ist Milivoy Aschner (Asner), zu Zeiten des faschistischen Ustascha-Regimes Polizeichef der kroatischen Stadt Slavonska Pozega. Dass Österreich ihn trotz eines entsprechenden Antrags aus Kroatien nicht ausgeliefert habe, hatte Zuroff schon Ende Jänner heftig kritisiert. Die zweite ist die ehemalige KZ-Wächterin Erna Wallisch, deren Strafverfolgung Österreich ablehnte.

Der Kontrolle des Wiesenthal-Centers unterworfen sind mehr als drei Dutzend Staaten, in denen entweder NS-Verbrechen begangen oder aus denen nach dem Zweiten Weltkrieg NS-Kriegsverbrecher gemeldet wurden. Schlechter als Österreich schnitten diesmal nur Länder ab, die gar nicht kooperierten – wie Argentinien und Russland – und Staaten, denen die gesetzlichen und politischen Voraussetzungen für die Verfolgung der Holocaust-Täter gänzlich fehlen. Dazu gehöre Syrien, das „die Angelegenheit ignoriert“, heißt es im Bericht wörtlich.

In Syrien soll der meist gesuchte mutmaßliche NS-Verbrecher leben. Alois Brunner – Adolf Eichmans „bester Mann“, wie er ihn nannte – führt die aktuelle Fahndungsliste an. Der im Burgenland geborene Leiter der Wiener Zentralstelle für jüdische Auswanderung wurde an Eichmanns Seite zum zweiten Chefplaner des Holocaust. Er soll sich noch Jahre später gerühmt haben, Wien „judenrein gemacht“ zu haben. Während Adolf Eichmann 1962 in Israel hingerichtet wurde, vermutet das Wiesenthal-Zentrum Brunner heute in der syrischen Hauptstadt Damaskus.

Eichmann war Simon Wiesenthals größter Fang; er hatte ihn in den 1950er Jahren in Argentinien aufgespürt. Die Nummer zwei auf der Liste ist der ehemalige KZ-Arzt Aribert Heim alias „Dr. Tod“. In Mauthausen bei Linz soll er während des Zweiten Weltkrieges hunderte Insassen durch Spritzen oder „Operationen“ ohne Betäubung getötet haben. Der 1914 in Bad Radkersburg geborene Heim praktizierte nach dem Krieg im deutschen Baden-Baden als Frauenarzt und ist seit 1962 auf der Flucht. Er wird in Südamerika vermutet.

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