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Putin-Kritiker Nawalny in Russland festgenommen

Nawalny und seine Frau Julia in Moskau
Nawalny und seine Frau Julia in Moskau ©AFP
Der Kremlgegner Alexej Nawalny ist nach seiner Landung in Moskau noch am Flughafen festgenommen worden.

Der 44-Jährige sei an der Passkontrolle abgeführt worden, meldete der Telegram-Kanal des Oppositionellen am Sonntag. Russlands Strafvollzug hatte ihn zur Fahndung ausgeschrieben, weil er während seines Aufenthaltes in Deutschland gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen haben soll. Österreich forderte umgehend die Freilassung Nawalnys.

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Das Außenministerium in Wien zeigte sich über die Festnahme Nawalnys tief besorgt. "Eine lebendige Zivilgesellschaft und politische Opposition sind Eckpfeiler aller demokratischen Gesellschaften. Österreich fordert seine sofortige Freilassung und eine umfassende und unabhängige Untersuchung des Angriffs auf sein Leben", betonte das Außenministerium am Sonntagabend in einer Twitter-Meldung.

Vor seiner Festnahme hatte Nawalny betont, sich nicht zu fürchten. Er sei unschuldig. Die Rückkehr nach Russland sei für ihn der schönste Moment seit fünf Monaten. Die russischen Behörden hatten den Flug zuvor überraschend umgeleitet und ließen die Maschine aus Berlin auf dem Hauptstadt-Airport Scheremetjewo landen. Das Flugzeug hätte laut Plan auf dem Flughafen Wnukowo ankommen sollen, wo sich Hunderte Unterstützer des Oppositionspolitikers versammelt hatten. Viele wurden festgenommen, wie eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur berichtete. Der Oppositionelle Ilja Jaschin kritisierte die Flugumleitung und die Festnahmen als "hysterische Reaktion" des Machtapparats.

Nawalny hatte sich in Deutschland von einem Anschlag mit dem als Chemiewaffe verbotenen Nervengift Nowitschok erholt. Das Attentat war am 20. August in der sibirischen Stadt Tomsk verübt worden. Nawalny hatte immer wieder den russischen Präsidenten Wladimir Putin und den Inlandsgeheimdienst FSB für den Mordanschlag verantwortlich gemacht. Der Kremlchef hatte das stets zurückgewiesen. Ungeachtet der Gefahr für sein Leben erklärte Nawalny mehrmals, dass sein Platz in Russland sei und er dort seinen Kampf gegen das "System Putin" fortsetzen wolle.

Unter den Festgenommenen auf dem Flughafen Wnukowo waren auch Nawalnys engste Mitarbeiterin, die Juristin Ljubow Sobol, sowie weitere Aktivisten. Uniformierte drängten Menschen zurück, die den 44-jährigen Oppositionspolitiker empfangen wollten. Die auf Anti-Terror-Einsätze spezialisierte Sonderpolizei OMON hatte mit mehreren Gefangenentransportern Stellung bezogen.

Viele Unterstützer, aber auch Journalisten beklagten massive Behinderungen durch die russische Polizei, die einen großen Empfang für Nawalny verhindern wollte. In St. Petersburg teilte die Leiterin von Nawalnys dortigem Stab, Irina Fatjanowa, mit, dass sie und zwei weitere Aktivisten aus einem Zug nach Moskau abgeführt und ohne Angabe von Gründen drei Stunden bei der Polizei in Gewahrsam gewesen seien. Andere Aktivisten sagten, sie seien auf dem Flughafen Pulkowo in St. Petersburg oder in Fahrzeugen auf der Straße gestoppt worden.

Im internationalen Teil des Airports gab es breite Absperrungen. Viele Journalisten beklagten, dass die Flughafenleitung in Wnukowo den Zugang zum Airport wegen der Corona-Pandemie untersagt und keine Arbeitserlaubnis erteilt habe. Zahlreiche Aktivisten, Blogger und Journalisten begleiteten Nawalny aber auf dem Flug und berichteten immer wieder live.

Zahlreiche Kommentatoren bezeichneten Nawalnys Entscheidung, nach Russland zurückzukehren, als mutig - und als politischen Sieg. "Dass Nawalny auch vor dem schlimmstmöglichen Szenario keine Angst hat, zerstört das ganze Spiel des Kreml", schrieb die Politologin Tatjana Stanowaja. Im Herbst ist in Russland Parlamentswahl, bei der der Oppositionspolitiker das Machtmonopol der Kremlpartei Geeintes Russland brechen will.

(APA/dpa/Reuters)

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