NATO-Gipfel: Nehammer betont Wichtigkeit von Kooperationen

Karl Nehammer wird in Madrid auch den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan treffen. Die FPÖ übte scharfe Kritik an der Reise.
Kooperation zwischen NATO und EU laut Nehammer besonders wichtig
"Die Zusammenarbeit der NATO und der EU ist ein wichtiger Bestandteil der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union", kommentierte Nehammer seinen Gipfelbesuch in der spanischen Hauptstadt. "Gerade der russische Angriffskrieg in der Ukraine zeigt, dass essenzielle Fragen unserer Sicherheit nur in der Gemeinschaft gelöst werden können. Wir müssen also in Zeiten wie diesen umso stärker zusammenarbeiten. Das Treffen ist dazu ein wichtiger Schritt, um unser gemeinsames Vorgehen weiter auszubauen."
Nehammer wird bei NATO-Gipfel teilnehmen
Im Zuge des NATO-Gipfels wird der Bundeskanzler laut seinem Büro auch am "Euroatlantischen Abendessen" teilnehmen, zu dem Spaniens Premierminister Pedro Sánchez (Sozialisten/PSOE) die führenden Gipfelteilnehmer ins Madrider Prado-Museum einlädt. Thema des Arbeitsdinners wird demnach die "Zusammenarbeit zwischen NATO und EU im Hinblick auf die aktuellen Herausforderungen" sein. Des Weiteren ist für den ÖVP-Kanzler ein bilaterales Treffen mit dem irischen Premierminister Micheál Martin von der liberal-konservativen Partei Fianna Fáil und ein Besuch des EU-Satellitenzentrums in Torrejón geplant.
FPÖ sieht Gipfelteilnahme Nehammers als falsches Signal
Als "falsches und fatales Signal" kritisierte FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz die Gipfelteilnahme Nehammers. "Einmal mehr beschädigt Nehammer damit mutwillig unseren Status als neutrales Land. Das 'N' in NATO steht definitiv nicht für immerwährende Neutralität. Es steht auch nicht für Niederösterreich - falls er das gedacht haben sollte." Der Kanzler hätte angesichts von explodierender Teuerung, steigenden Asylzahlen und Energieversorgungsproblemen "genug in Österreich zu tun. Stattdessen führt er lieber Small-Talk in Spanien. Was hat ÖVP-Kanzler Nehammer beim NATO-Gipfel verloren? - rein gar nichts!", so Schnedlitz, der umgehend Neuwahlen forderte.
Treffen von Nehammer und Erdogan
Zu seinem Treffen mit Erdogan kommentierte Nehammer in Bezug auf den Krieg in der Ukraine: "Wir dürfen nicht aufhören, für die Chance auf Frieden alles in unserer Macht stehende zu tun. Es ist daher wichtig, dass der Istanbuler Prozess weiter fortgeführt wird." In Istanbul finden Gespräche zwischen Russland und der Ukraine statt. Die Türkei ist wie Russland und die Ukraine ein Anrainer des Schwarzen Meeres. Das NATO-Mitglied hat gute Beziehungen zu beiden Staaten und verfolgt bei ihrer Vermittlungstätigkeit das Ziel, eine Balance zwischen den russischen und ukrainischen Interessen zu finden. Die Türkei hat den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine in der UNO-Vollversammlung zwar verurteilt, sich den westlichen Sanktionen aber nicht angeschlossen.
Türkei sei wichtiger Partner bei der Schaffung von "green corridors"
Zudem sei die Türkei ein wichtiger Partner, wenn es darum gehe, "green corridors" für Getreideexporte aus der Ukraine zu schaffen, betonte Nehammer. Für "die globale Ernährungssicherheit" müssten die Anstrengungen für "grüne Korridore "aus der Ukraine intensiviert werden, forderte der Bundeskanzler.
Spitzentreffen mit Erdogan als Schlusstrich der Eiszeit zwischen Wien und Ankara
Das Spitzentreffen mit Erdogan wird als Schlussstrich unter eine jahrelange politische Eiszeit zwischen Wien und Ankara gesehen. Der letzte Bundeskanzler, der Erdogan gebührend in Wien empfangen hatte, war vor 13 Jahren Werner Faymann gewesen. Ab 2014 wurde der türkische Präsident zum inoffiziellen Lieblingsgegner von Sebastian Kurz (ÖVP), der zunächst als Außenminister und später als Kanzler und ÖVP-Chef gegen Erdogan wetterte und die österreichische Innenpolitik diesbezüglich vor sich her trieb.
Angeführt vom ÖVP-Politiker wurden der Demokratie- und Rechtsstaatsabbau unter Erdogan angeprangert, sein Einfluss auf die türkische Diaspora in Österreich sowie seine vermeintlichen Versuche, die EU mit Migranten zu erpressen. Nehammer hatte sich als Innenminister ebenfalls an dieser Kritik beteiligt. Als Kanzler machte er nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs eine Kehrtwende und würdigte die Vermittlungsbemühungen des türkischen Präsidenten.
Türkei gab Widerstand gegen die Aufnahme von Schweden und Finnland in die NATO auf
Unterdessen gab die Türkei am Dienstagabend ihren Widerstand gegen die Aufnahme von Schweden und Finnland in die NATO auf. Ankara werde während des Gipfels die Einladung an Finnland und Schweden unterstützen, Bündnismitglied zu werden, teilte Finnlands Präsident Sauli Niinistö mit. Ein entsprechendes Memorandum sei nach einem Treffen mit NATO-General Jens Stoltenberg, Schwedens Ministerpräsidentin Magdalena Andersson und Erdogan unterzeichnet worden. Ein NATO-Beitritt Österreichs steht laut Nehammer nicht zur Debatte. Anders als in den beiden skandinavischen Ländern zeigen Umfragen in Österreich eine deutliche Ablehnung der NATO-Mitgliedschaft.
Ausweitung der schnellen NATO-Eingreifgruppe geplant
Beim Gipfel soll unter anderem die massive Ausweitung der schnellen NATO-Eingreiftruppe von bisher 40.000 auf über 300.000 Soldatinnen und Soldaten beschlossen werden. Auf diese Kräfte soll der NATO-Oberbefehlshaber für Europa innerhalb weniger Tage zugreifen können, um etwa einen russischen Angriff auf Bündnisstaaten zurückschlagen zu können. Die USA wollen zudem ihre dauerhafte Truppenpräsenz in Europa aufstocken, wie Bidens Sicherheitsberater Jake Sullivan mitteilte.
NATO-Staaten werden über Unterstützungsmaßnahmen für die Ukraine beraten
Es wird erwartet, dass die NATO-Staaten auch über weitere konkrete Unterstützungsmaßnahmen für die Ukraine beraten werden, deren Präsident Wolodymyr Selenskyj per Videoschaltung am Gipfel teilnehmen wird. Am Mittwochabend sind zudem Treffen der Außen- sowie der Verteidigungsminister der 30 NATO-Mitgliedsstaaten in Madrid geplant.
(APA/Red)