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Nationalrat: Sondersitzung vor Nationalfeiertag

FPÖ ließ Nationalrat-Sondersitzung einberufen.
FPÖ ließ Nationalrat-Sondersitzung einberufen. ©APA/EVA MANHART (Symbolbild)
Am Mittwoch kommt es zu einer Nationalrat-Sondersitzung.
Kickl lädt Van der Bellen zu NR-Sondersitzung ein

Anlässlich des Nationalfeiertags hat die FPÖ am heutigen Mittwoch eine Sondersitzung des Nationalrats einberufen lassen. Anliegen der Freiheitlichen ist nicht nur der Erhalt der Neutralität, wie aus dem zu Mittag eingebrachten "Dringlichen Antrag" hervorgeht. Die FPÖ will auch den "sofortigen Ausstieg aus der neutralitätszersetzenden und wirtschaftlich ruinösen Sanktionspolitik gegen Russland sowie aus der militärischen Unterstützung der Kriegspartei Ukraine".

Während FPÖ-Chef Herbert Kickl in der Begründung des von ihm eingebrachten "Dringlichen Antrags" zur Neutralität düster davon sprach, dass die Bevölkerung "Opfer" der Regierung sei, die die Souveränität des Landes aufgegeben habe, replizierte Staatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) für die Koalition, dass die Neutralität "für uns unumstößlich" sei.

Eigentlich hätten die Freiheitlichen gerne mit Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) debattiert, doch der weilte am Mittwoch in Israel. Kickl sah den Regierungschef "auf der Flucht vor dem Parlament, vor der freiheitlichen Partei, vor der eigenen Bevölkerung, vor dem Blick in den eigenen Spiegel". Auch in der Bundespräsidenten-Loge herrsche gähnende Leere, meinte der blaue Klubchef in Richtung Staatsoberhaupt Alexander Van der Bellen, den er per offenem Brief zur Sitzung eingeladen hatte.

Nutzung von Veto-Recht gegen jede EU-Initiative, die nationale Handlungsspielräume einschränkt, verlangt

Ferner verlangen Klubchef Herbert Kickl und sein Team die Nutzung des Veto-Rechts gegen jede EU-Initiative, die nationale Handlungsspielräume einschränkt - insbesondere in der Asylpolitik, der "so genannten Klimapolitik" sowie der Währungspolitik. Auch ein öffentlich bisher wenig bekanntes Thema bringt die FPÖ vor: die "entschlossene Ablehnung des von der WHO angestrebten Pandemievertrags und der damit einhergehenden Änderung der Internationalen Gesundheitsvorschriften, um die Souveränität Österreichs auch in der Gesundheitspolitik zu bewahren".

Gerade in der Politik der Gegenwart müsse man feststellen, dass sich die Bundesregierung und der Bundespräsident in einem vorauseilenden Gehorsam gegenüber den Interessen anderer Staaten oder internationaler Organisationen übten, schreiben die Freiheitlichen. Das "schwerwiegendste Beispiel der Gegenwart" seien mit Gewissheit die Sanktionen gegen Russland. Auch den Schilling sehnt man zurück: Neben den Sanktionen sei es vor allem die Abschaffung der eigenen Währung, die Österreich heute jede selbstbestimmte Handlungsmöglichkeit nehme und jeden Einzelnen dazu zwinge, die Schulden von anderen Staaten, insbesondere von jenen in Europas Süden, zu begleichen.

Im Text spult die FPÖ über 16 Seiten insgesamt ihr bekanntes Programm ab. Zu lesen ist etwa von "Klima-Hysterie" ohne Weitsicht. Das Verbot von Benzin- und Dieselmotoren sei der bisher traurige Höhepunkt einer vollkommen verfehlten Klimapolitik der Europäischen Union. Auch das Gebot zur Klimaneutralität der Häuser stört die Freiheitlichen. Dazu kommt ein Nein zur "Zwangsverteilung" von Migranten, einer drohenden Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips in der EU sowie zur "bilateralen Finanzierung der Kriegspartei Ukraine", wobei nicht nur die Ausbildung ukrainischer Einsatzkräfte sondern auch die Entminung explizit angeführt wird.

Dem allen will die FPÖ mit einer neuen Verfassungsbestimmung begegnen. Neben dem Schutz der immerwährenden Neutralität soll dabei auch die Souveränität Österreichs unter umfassenden Schutz gestellt werden. Jeder Eingriff einer internationalen Institution müsste einer Volksabstimmung unterzogen werden.

Beginn der Debatte im Nationalrat

Kickls Vision ist, dass Österreich in der internationalen Sicherheitspolitik wieder ein Faktor werde, und das in seiner Funktion als neutraler Staat - "das kleine Österreich als Friedensbringer für die ganze Welt". Einmal mehr verurteilte der FPÖ-Chef die Unterstützung der Regierung für die Ukraine, die Österreich in einen Wirtschaftskrieg "unter Vergatterung der USA" hineingetrieben habe. Dies habe dramatische Auswirkungen für Wirtschaft wie Haushalte gehabt.

Dabei wäre eine aktive Neutralitätspolitik nichts anderes als eine gute Sicherheitspolitik für das eigene Land und eine gute Friedenspolitik für die Welt, findet Kickl. Doch zerstöre die Regierung lieber die Neutralität: "Sie verludern ein kostbares Erbe von großen Staatsmännern der Vergangenheit."

Neben diversen Kritikpunkten an EU und UNO geißelte Kickl auch die Zuwanderungspolitik der Regierung, die er mit kriminellen Akten in Österreich nach dem Hamas-Angriff auf Israel in Zusammenhang brachte. "Tickende Zeitbomben" seien im Land und das alles im Herzen der Bundeshauptstadt. Der Sicherheitsapparat habe katapultiert.

Plakolm: "Österreich bleibt ein friedliches, sicheres, wohlhabendes Land"

Ganz anders sah das Österreich der Plakolm'schen Schilderung aus: "Österreich bleibt ein friedliches, sicheres, wohlhabendes Land", stellte die Staatssekretärin fest. Gleichzeitig beschrieb sie ausführlich die finanziellen Zuwendungen an die Sicherheitsressorts, die von der Regierung gesetzt worden seien - "um eine wehrbare Demokratie zu bleiben." Wohl mehr für ihre eigene Partei bewarb Plakolm die gezogene "Asylbremse".

Die Neutralität steht für sie jedenfalls nicht zur Disposition: "Die Neutralität ist unser höchstes Gut. Österreich war neutral, ist neutral und wird neutral bleiben." Das heiße aber nur, dass man militärisch neutral sei. Denn man sei immer auf der Seite jener, die angegriffen würden: "Neutral zu sein heißt nicht, dass wir keine Meinung zu weltpolitischen Ereignissen haben."

Auch die anderen Fraktionen konnten mit dem "Dringlichen" der FPÖ nichts anfangen. "Wie unglaubwürdig kann man eigentlich sein?", fragte sich SPÖ-Verfassungssprecher Jörg Leichtfried. Er hielt den Freiheitlichen vor, dass ihr Vorgänger VdU 1955 als einzige Partei gegen die Neutralität gestimmt habe und die FPÖ später immer wieder für einen NATO-Beitritt eingetreten sei. Von einem "Schmäh" der FPÖ sprach auch Michel Reimon von den Grünen. Niemand hier fordere einen NATO-Beitritt, dennoch malten die Blauen einen solchen an die Wand. "Die beste Souveränitätspolitik, die wir machen können, ist der Ausstieg aus Öl und Gas", meinte Reimon außerdem, also solle man sich am besten von Russland und den Golfstaaten unabhängig machen.

"Wir sind gemeinsam stärker als allein", betonte auch NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger. Die Antwort der FPÖ auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine und den Terrorüberfall der Hamas auf Israel sei "besser isoliert als zusammen in Europa", kritisierte sie, "es will mir einfach nicht in den Kopf". Die Neutralität schütze Österreich nicht, "niemand wird nicht angegriffen, bloß weil er neutral ist". Meinl-Reisinger pochte stattdessen auf eine Stärkung der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik und beispielsweise eine "echte europäische Armee".

Abgelehnt wurde zum Abschluss der Sitzung der "Dringliche Antrag" der FPÖ, der die Basis für das außerordentliche Plenum gewesen war. Keine andere Partei stimmte den freiheitlichen Forderungen zu. Unter anderem will die FPÖ den "sofortigen Ausstieg aus der neutralitätszersetzenden und wirtschaftlich ruinösen Sanktionspolitik gegen Russland sowie aus der militärischen Unterstützung der Kriegspartei Ukraine", die Nutzung des Veto-Rechts gegen jede EU-Initiative, die nationale Handlungsspielräume einschränkt und eine Absicherung der Neutralität.

(APA/Red)

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