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Nahost-Frieden unter keinem guten Stern

Arafat verurteilt das Selbstmordattentat von Kfar Saba und gleichzeitig die Erschießung von zwei Palästinensern durch israelische Soldaten.

Am Tag nach der Beilegung des Streits um die palästinensische Regierungsbildung hat sich am Donnerstag in einem israelischen Bahnhof ein 18-jähriger Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt und einen Wachmann mit in den Tod gerissen. Zu der Tat, bei der 13 Menschen zum Teil schwer verletzt wurden, bekannten sich eine Splittergruppe der „Al-Aksa-Märtyrerbrigaden“ und die „Volksfront für die Befreiung Palästinas“ (PFLP). Der palästinensische Präsident Yasser Arafat verurteilte den Anschlag von Kfar Saba nördlich von Tel Aviv als „eine nicht zu tolerierende Operation gegen Zivilisten“. Der Selbstmordattentäter kam nach ersten Erkenntnissen der israelischen Polizei aus einem Flüchtlingslager bei Nablus im Westjordanland.

Vor Journalisten verurteilte Arafat in seinem Hauptquartier in Ramallah gleichzeitig die Erschießung von zwei Palästinensern durch israelische Soldaten am Donnerstag im Westjordanland. Bei einem der Toten handelte es sich um einen 17 Jahre alten Schüler. Nach Augenzeugenberichten waren die Soldaten in ein Dorf nahe Nablus eingedrungen, wo sich ihnen Schüler und bewaffnete Palästinenser entgegenstellten. Es kam daraufhin zu einer Schießerei, in deren Verlauf der Jugendliche und ein 24-Jähriger getötet wurden, hieß es.

Die Einigung Arafats mit dem designierten Premier Mahmud Abbas (Abu Mazen) über die Zusammensetzung des Kabinetts wurde unterdessen international begrüßt. Die USA sprachen von einem „wichtigen Schritt“ auf dem Weg zu einem souveränen palästinensischen Staat, Russland von einem „neuen Impuls“. US-Außenamtssprecher Richard Boucher forderte das palästinensische Parlament auf, das neue Kabinett schnell zu bestätigen. Eine Sondersitzung des Legislativrates in Ramallah ist nach Angaben von Parlamentspräsident Ahmed Korei für Anfang kommender Woche vorgesehen. Anschließend wollen die USA den „Fahrplan“ (Roadmap) für den Friedensprozess vorlegen.

Nach diesem Plan, den die USA gemeinsam mit der EU, Russland und der UNO im vergangenen Jahr entworfen haben, könnte noch in diesem Jahr ein palästinensischer Staat mit „provisorischen Grenzen“ gebildet werden. Israel hat allerdings 15 Einwände gegen den Plan, insbesondere in der Frage des Siedlungsstopps- bzw. – abbaus in den besetzten Gebieten.

Erst nach starkem internationalen Druck und einer letzten Vermittlungsinitiative Ägyptens gab Arafat nur wenige Stunden vor Ablauf der gesetzlichen Frist seinen Widerstand gegen die Ernennung von Mohammed Dahlan zum Sicherheits-Staatsminister auf. Dafür erreichte Arafat das Zugeständnis, das letzte Wort in wichtigen Sicherheitsfragen zu behalten. Dahlan kündigte ein konsequentes Vorgehen gegen Extremisten an. Nach Angaben eines ägyptischen Beamten wurde Arafat außerdem ein Ende der Isolation in Aussicht gestellt, in der er seit Dezember 2001 lebt. Die israelische Regierung verhängte damals praktisch Hausarrest über Arafat in Ramallah.

Israel will die künftige palästinensische Regierung an ihrem „Kampf gegen terroristische Organisationen“ messen. Der Selbstmordanschlag nördlich von Tel Aviv am Donnerstagmorgen habe gezeigt, dass sich die neue palästinensische Führung auf den Kampf gegen radikale Gruppen wie die Hamas und den „Islamischen Heiligen Krieg“ konzentrieren müsse, „und nicht mit ihnen verhandeln“ dürfe, sagte ein hochrangiger israelischer Regierungsbeamter. Die Hamas warnte die neue palästinensische Regierung davor, dem „islamischen Widerstand den Krieg zu erklären“. Das neue Kabinett werde daran gemessen, wie es die israelische Besatzung bekämpfe, sagte ein Hamas-Sprecher in Gaza.

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