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Nachtzug nach Lissabon - Trailer und Kritik zum Film

Raimund Gregorius ist alleinstehend und Lehrer für alte Sprachen in Bern. Abends spielt der alternde Mann mit der Hornbrille in seiner Bibliothek Schach gegen sich selbst. Seinen Schülern erklärt er, dass den Römern "Gedanke und Tat eins" gewesen seien, aber in seinem Dasein überwiegt eindeutig ersteres. Eines Tages, auf dem Weg zur Schule, sieht er, wie eine junge Frau sich anscheinend von einer Brücke stürzen will. Alle Spielzeiten auf einen Blick

Er reißt sie zurück und nimmt sie mit in den Unterricht. Doch die Unbekannte verschwindet, lässt nur ihren roten Mantel zurück. Darin entdeckt Gregorius ein Büchlein aus den 70er-Jahren, das sein Leben für immer verändert – spontan nimmt er den “Nachtzug nach Lissabon”.

 Mit dem britischen Star Jeremy Irons (TV-“Die Borgias”) hat der Däne Bille August den gleichnamigen, 2004 erschienenen Roman-Weltbestseller des Schweizers Pascal Mercier in üppiger und bedeutungsträchtiger, dabei auch oberflächenverliebter Erzählweise verfilmt. Viele weitere europäische Schauspielgrößen, etwa Charlotte Rampling, Lena Olin, Martina Gedeck, Christopher Lee, Bruno Ganz und August Diehl wirken – zum Teil in kleinen Rollen – in seinem verschachtelten Zeitreisen-Drama mit, das zugleich eine Suche nach sich selbst und dem Sinn des Lebens darstellt.

Bille Augusts “Nachtzug nach Lissabon”: Üppige Zeitreise ins Leben

Längst ist Regisseur August (64) Spezialist für auch an den Kinokassen erfolgreiche Romanverfilmungen. Für “Pelle, der Eroberer” erhielt er einen Oscar, “Das Geisterhaus” und “Fräulein Smillas Gespür für Schnee” fanden ebenfalls großen Anklang. An Isabel Allendes “Geisterhaus”, das zur Zeit des Militärputsches in Chile spielt, erinnert denn auch sein “Nachtzug”. Hier ist es Salazars faschistisch geprägter “Estado Novo” (Neuer Staat), gegen den der Autor des Büchleins, Amadeu de Prado, aufbegehrt hat. Der damals sehr junge Philosoph und Arzt ist lange tot, wie Gregorius in Lissabon erfährt. Doch fasziniert von dessen Gedanken, taucht er im Austausch mit Amadeus verhärmter Schwester (Rampling) und Weggefährten immer tiefer in dessen Biografie ein.

“Wenn wir zu uns selbst reisen, müssen wir uns unserer Einsamkeit stellen” – solche fundamentalen Sätze haben die Protagonisten oft auf den Lippen. Gregorius lernt, dass die Angst vor dem Tod eigentlich die Angst vor einem unerfüllten Leben sei – und nährt wie gebannt seine eigene Seele von der Vitalität Amadeus. Vor der Kulisse der prachtvollen portugiesischen Hauptstadt, von deren alten Gebäuden malerisch die Farbe bröckelt, kommt der von Irons feinsinnig verkörperte Lehrer mit einem Leben auf Liebe und Tod in Berührung. Und im Kontakt mit der Augenärztin Mariana (Gedeck), die ihm – symbolträchtig – zu einer neuen Brille verhilft, bahnt sich für Gregorius die Chance einer eigenen Passion an.

Das alles ist so schön anzusehen wie eingängig anzuhören. Und doch wirkt das Filmdrama mit Thriller- und Romanzenmotiven überfrachtet, bleibt plakativ und seltsam langweilig. So gelingt es Bille August kaum, die politische Situation im Portugal der 50er bis 70er Jahre und die Beziehungen aller Freunde, Feinde und Liebenden untereinander sinnfällig fein herauszuarbeiten.

(APA)

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