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"Nacht der Trauer" nach Beben mit 29 Toten

In der mittelitalienischen Erdbebenregion Molise haben tausende Menschen die Nacht zum Samstag in Notunterkünften verbringen müssen.

Für die Bevölkerung des am schwersten betroffenen Dorfes San Giuliano di Puglia und dreier weiterer Ortschaften waren Zeltstädte mit insgesamt 6000 Betten errichtet worden. Unterdessen wachten die Angehörigen der 29 Toten – darunter 26 Kinder der Grundschule von San Giuliano – die ganze Nacht hindurch neben den in einer Sporthalle aufgebahrten Leichen. „Das ist eine Nacht der Trauer“, sagte ein Reporter des staatlichen Fernsehens RAI. Dutzenden waren verletzt worden.

Die Opfer des Erdbebens, das am Donnerstag die Dorfschule von San Giuliano zum Einsturz gebracht hatte, sollen am Sonntag gemeinsam beigesetzt werden. Dies haben die zuständigen Behörden angekündigt. Es sei jedoch noch nicht entschieden, wo die Zeremonie stattfinden werde. Das Dorf ist großteils schwer beschädigt, viele Häuser müssen vermutlich abgerissen werden.

Am Freitagnachmittag war die letzte Leiche aus den Trümmern der eingestürzten Schule geborgen worden. Unter den Toten befindet sich die gesamte erste Klasse von San Giuliano. „Der ganze Jahrgang 1996 ist ausgelöscht worden“, berichtete die Nachrichtenagentur ANSA. Die Staatsanwaltschaft von Campobasso hat unterdessen die Überreste des Schulgebäudes beschlagnahmt und Ermittlungen zur Klärung der Einsturzursache eingeleitet.

Die Ermittlungen konzentrieren sich auf den Bauzustand der eingestürzten Schule, die aus dem Jahre 1954 stammt. Einem Bericht der Nachrichtenagentur ANSA zufolge wurde erst vor wenigen Jahren ein zweites Stockwerk hinzugefügt. Bei Renovierungsarbeiten vor zwei Jahren sei diese Konstruktion dann mit schwerem Zement verstärkt worden. Dies löste Spekulationen aus, dass das Schulgebäude vermutlich nicht nach den gängigen Bauvorschriften errichtet wurde. Ein Beben der Stärke 5,4 lässt nach modernen Standards errichtete Häuser normalerweise nicht einstürzen. Zuvor hatte der Fernsehsender TV5 unter Berufung auf einen Ingenieur berichtet, das Schulgebäude sei nicht erdbebensicher gewesen.

Unter der Bevölkerung des Molise herrschte weiterhin Angst vor Nachbeben. Zwei starke Erdstöße hatten am Freitagnachmittag erneut Panik ausgelöst. Es gab zahlreiche Verletzte, viele weitere Gebäude wurden beschädigt. Auch ein Kirchturm stürzte ein. Seit dem Hauptbeben am Donnerstag um 11.32 Uhr mit einer Stärke von 5,4 auf der Richter-Skala seien bereits mehr als 100 Nachbeben registriert worden, berichteten Seismologen. Die betroffene Region galt bisher als vergleichsweise erdbebensicher. Jahrhunderte lang habe sich hier kein ähnlich starkes Beben ereignet, hieß es.

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