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Nachbar erschossen: Anklage lautet auf fahrlässige Tötung

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Ein Vizeleutnant des Bundesheers, der im vergangenen Jahr in Wien-Hernals einen Nachbarn erschossen hat, der sämtliche Hausbewohner regelmäßig mit lauter Musik terrorisiert hatte, muss sich am kommenden Freitag im Straflandesgericht verantworten.

Die Anklage lautet auf fahrlässige Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen.

Die Staatsanwaltschaft billigt dem 50-jährigen Schützen zu, „aus unberechtigter Furcht in Überschreitung des gerechtfertigten Maßes der Verteidigung“ abgedrückt zu haben. Im Falle eines Schuldspruches drohen dem Angeklagten bis zu drei Jahre Haft. Sein Verteidiger Werner Tomanek rechnet allerdings mit einem Freispruch. Sein Mandant habe allen Grund gehabt, sich zu fürchten, und aus gerechtfertigter Notwehr geschossen, legte Tomanek im Gespräch mit der APA dar.

Das Opfer, ein 44-jähriger Grafiker und Computer-Künstler, war im gesamten Grätzel und auch bei der Polizei als „der wilde Fritzl“ bekannt. Er litt offensichtlich unter psychischen Problem, wurde mitunter auf offener Straße ausfällig, ging dabei auf Unbekannte los und musste angeblich mehrfach von Polizisten mit entsprechendem Nachdruck auf die Psychiatrie gebracht werden. Einige Supermarkt-Kassierinnen fürchteten sich regelrecht, sobald sie den Mann sahen, der auf dafür bekannt war, sich einfach mitten auf die Straße setzte, um die Straßenbahn anzuhalten. Insgesamt 41 polizeiliche Vormerkungen wies „der wilde Fritzl“ auf.

Den Bewohnern des Hauses in der Gasse, in dem er lebte, machte vor allem die oft auch am frühen Morgen laut aufgedrehte Stereoanlage zu schaffen. Vor allem der direkt über ihm wohnende Soldat kannte den Begriff „Nachtruhe“ teils nur vom Hörensagen.

Am 17. April 2006 war es wieder so weit. Gegen 6.35 Uhr raubte der 44-Jährige dem Vizeleutnant und dessen Ehefrau vorzeitig den Schlaf, indem er die Stereoanlage einschaltete. Der Offizier sah nicht ein, weshalb er am Ostermontag so früh geweckt wurde. Er wollte den Lärmerreger zur Rede stellen. Weil er erfahrungsgemäß einen „Auszucker“ des 44-Jährigen einkalkulierte, steckte er eine Glock 26, Kaliber 9 mm Parabellum ein. Damit lief er ins Erdgeschoss und klopfte gegen die Tür des Störenfrieds.

Dieser öffnete und soll dabei laut und höchst aggressiv gebrüllt haben, wobei er eine 70 Zentimeter lange Eisenstange schwang. Mit den Worten, er werde ihn umbringen, soll der 44-Jährige dann auf den Soldaten los gegangen sein.

Der betätigte darauf hin seine Waffe, was laut Strafantrag „einen Brustkorb- und Lungendurchschuss, einen Durchschuss des zwölften Brustwirbels mit Zerreißung des Rückenmarks sowie eine ausgedehnte Blutung in die rechte Brusthöhle“ zur Folge hatte. Der Grafiker starb gegen 7.15 Uhr im Stiegenhaus vor seiner Wohnung.

Gegen den Schützen wurde ursprünglich wegen Mordes ermittelt. Selbst die mit dem Fall betraute und bekanntermaßen strenge Staatsanwältin rückte im Lauf der Erhebungen von dieser Version ab. Auch eine Haftbeschwerde des Verteidigers hatte schließlich Erfolg – nach vier Monaten U-Haft wurde der 50-Jährige entlassen. Er wird als freier Mann zum Prozess erscheinen.

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