AA

Nach UNO-Verurteilung: Syrien erlaubt Parteien-Gründung

Nachdem sich der UNO-Sicherheitsrat am gestrigen Mittwoch erstmals zu einer Verurteilung der brutalen Niederschlagung der Oppositionsproteste in Syrien durchgerungen hat, hat Syriens Staatschef Bashar al-Assad per Dekret die Gründung neuer Parteien im Land zugelassen.

Assad habe das Dekret über das Parteiengesetz am Donnerstag unterzeichnet, berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Sana. Bereits Ende Juli hatte die syrische Regierung ein Gesetz verabschiedet, das unter bestimmten Einschränkungen die Gründung von politischen Parteien erlaubt. Durch das Dekret können die darin gemachten Vorgaben umgehend und ohne Abstimmung im Parlament umgesetzt werden.

Die Zulassung politischer Parteien und damit einhergehende Schaffung eines Mehrparteiensystems ist eine der Hauptforderungen der seit Mitte März anhaltenden Proteste in Syrien. Die syrische Politik wird seit dem Jahr 1963 von der regierenden Baath-Partei dominiert. Den neuen Regeln zufolge dürfen neue Parteien aber nicht religiös oder auf Stammesgruppierungen ausgerichtet sein und auch nicht aus dem Ausland unterstützt werden. Sie dürfen auch keine bewaffneten Gruppierungen unterhalten.

Seit Monaten Gewalt in Syrien

Syrische Sicherheitskräfte gehen seit Monaten gewaltsam gegen die Protestbewegung im Land vor, nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten kamen dabei bisher mehr als 1.600 Zivilisten ums Leben. Mit dem Sturm der Armee auf die Stadt Hama hatte die Gewalt am Wochenende kurz vor dem Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan einen neuen brutalen Höhepunkt erreicht.

Bei dem Panzervorstoß der syrischen Armee in die Protesthochburg Hama sind einem Menschenrechtler zufolge mindestens 45 Menschen getötet worden. Allein 40 Menschen seien am Mittwoch und Donnerstag früh durch Maschinengewehr-Feuer und Panzergeschoße im Stadtteil Al-Hader ums Leben gekommen, sagte der Aktivist, der aus der eingekesselten 700.000-Einwohner-Stadt entkommen konnte. Fünf weitere Menschen, darunter zwei Kinder, seien getötet worden, als sie mit einem Auto fliehen wollten. Eine unabhängige Überprüfung der Angaben ist nicht möglich, da Syrien die meisten ausländischen Journalisten ausgewiesen hat.

UNO ließ auf Reaktion warten

Nach wochenlangem Tauziehen hatte sich der UNO-Sicherheitsrat am Mittwoch erstmals zu einer Verurteilung der brutalen Niederschlagung der Oppositionsproteste in Syrien durchgerungen. Das mächtigste UNO-Gremium kritisiert die “weit verbreiteten Menschenrechtsverletzungen und Gewaltanwendung gegen Zivilisten durch syrische Behörden”. Die europäischen Staaten konnten zuvor die zurückhaltenden Vetomächte Russland und China für eine Verurteilung der autoritären Machthaber in Damaskus gewinnen. Jedoch konnte sich der Westen mit seinen Wunsch nach einer scharfen Resolution gegen das Vorgehen Assads nicht durchsetzen.

Als Zugeständnis an die beiden Vetomächte wurden auch die Oppositionellen aufgerufen, “äußerste Zurückhaltung” walten zu lassen und von Angriffen auf Regierungseinrichtungen abzusehen. Die vom amtierenden Vorsitzenden des Sicherheitsrates verlesene “Präsidentielle Erklärung” gilt als politisch und juristisch schwächstes Dokument des UNO-Gremiums, de jure ist sie folgenlos. Zudem distanzierte sich Libanon umgehend von der gegen sein Nachbarland gerichteten Erklärung. Das arabische Land hat im Sicherheitsrat jedoch anders als die Atommächte USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich kein Vetorecht.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) forderte in einer Aussendung am Donnerstag, die in den EU-Ländern eingefrorenen syrischen Bankguthaben sollten an die Hinterbliebenen der Opfer des Assad-Regimes sowie die Familien der Verletzten ausgezahlt werden. Diese Maßnahme könne Assad zusätzlich schwächen. Die EU hatte am Montag ihre Sanktionen gegen Syrien verschärft. Bei den Protesten in Syrien wurden nach Angaben des arabischen Fernsehsenders Al-Jazeera seit Anfang März 1.733 Menschen getötet und etwa 23.000 Oppositionelle festgenommen, so die GfbV. Schätzungen von Hilfsorganisationen zufolge seien rund 10.000 Menschen über die Grenze in den Libanon und in die Türkei geflohen.

  • VIENNA.AT
  • Politik
  • Nach UNO-Verurteilung: Syrien erlaubt Parteien-Gründung
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen