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Nach Stenzel-Auftritt: ÖVP und NEOS kündigen Anträge an

Stenzels Auftritt bei der Identitären-Demo sorgt für Anträge der ÖVP und der NEOS.
Stenzels Auftritt bei der Identitären-Demo sorgt für Anträge der ÖVP und der NEOS. ©APA/EXPA/ MICHAEL GRUBER
Nach dem Auftrit von Ursula Stenzel bei einer Kundgebung der Identitären haben die ÖVP und die NEOS jeweils einen Antrag für die nächste Nationalratssitzung angekündigt.
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ÖVP und NEOS kündigen in Reaktion auf den Auftritt der nicht amtsführenden Wiener FPÖ-Stadträtin Ursula Stenzel bei einer Kundgebung der Identitären am Wochenende jeweils einen Antrag für die nächste Nationalratssitzung an. Die ÖVP will noch vor der Wahl über die von ihr geforderte Änderung des Vereinsrechts abstimmen lassen. Die NEOS fordern die Abschaffung der nicht amtsführenden Stadträte.

ÖVP will Änderungen des Vereinsgesetzes vor Wahl beschließen

"Wir werden im Septemberplenum einen Antrag auf Änderung des Vereinsrechts und damit für ein Verbot der Identitären Bewegung stellen", wird ÖVP-Klubobmann August Wöginger in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA zitiert. Es sei nach der Teilnahme Stenzels am Marsch der Identitären "nötig und unabdingbar", so schnell wie möglich zu reagieren. Ein Verein kann derzeit nur aufgelöst werden, wenn er gegen Strafgesetze verstößt. Laut ÖVP-Wunsch sollen Behörden einen Verein auch auflösen können, wenn er genutzt wird, um extremistisches oder staatsfeindliches Gedankengut zu verbreiten.

NEOS fordern Abschaffung der nicht amtsführenden Wiener Stadträte

Auch die NEOS kündigen einen Antrag für die kommende Nationalratssitzung an. Sie wollen ihre langjährige Forderung nach Abschaffung der nicht amtsführenden Wiener Stadträte aufs Tapet bringen. Dafür wäre eine Änderung der Bundesverfassung nötig. "In Summe zeigen die letzten Vorfälle, dass die Position der auch ehemaligen nicht amtsführenden Stadträte (neben Stenzel erinnere ich an Johann Gudenus und Eduard Schock) eine völlig unsinnige ist", hieß es in einem Statement von NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger gegenüber der APA. "Es handelt sich um Versorgungsjobs, die dem Steuerzahler viel kosten, aber gar nichts bringen", stellte sie fest. Die Pinken nehmen die Causa zum Anlass, im nächsten Plenum einen Fristsetzer zu ihrem entsprechenden Antrag, der im Verfassungsausschuss ist, zu stellen. "Wir werden überprüfen, ob das bisherige Mantra von Sparen im System von der ÖVP wirklich ernst genommen wird und diese Position endlich abgeschafft wird", so Meinl-Reisinger.

SPÖ für Verbots-Prüfung: "Unter Wahrung der Grundrechte"

Auch die SPÖ will nach dem Auftritt der nicht amtsführenden Wiener FPÖ-Stadträtin Ursula Stenzel bei einer Kundgebung der Identitären Bewegung (IBÖ) am Wochenende nun ein Verbot des Vereins prüfen lassen. "Unsere Demokratie muss vor jenen geschützt werden, die sie untergraben wollen", erklärte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner dazu auf Twitter.

"Ich fordere Justiz- und Innenminister daher auf, ein Verbot der Identitären zu prüfen bzw. eine Änderung des Vereinsgesetztes unter Wahrung der Grundrechte vorzuschlagen", so die Parteivorsitzende. Gegenüber der APA hieß es aus ihrem Büro, dieser Schritt müsste noch vor der Wahl erfolgen. Der Auftritt Stenzels jedenfalls sei ein weiterer Beleg dafür, dass die FPÖ nach wie vor mit den Identitären sehr verstrickt sei und keine wirkliche Abgrenzung erfolgt sei. Es handle sich um einen "weiteren Einzelfall, aber die Einzelfälle haben System" bei der FPÖ, so eine Sprecherin Rendi-Wangers.

Ludwig sieht Verbot skeptisch

Wiens Bürgermeister und SPÖ-Chef Michael Ludwig steht einem wieder diskutierten Verbot der Identitären skeptisch gegenüber. "Bei einem Eingriff ins Vereinsrecht sollte man sehr sensibel vorgehen und alle verfassungsrechtlichen Bestimmungen einhalten. Denn wenn man einmal bei einer Organisation beginnt, ist die Frage, wo das endet", gab Ludwig am Rande einer Pressekonferenz am Montag zu bedenken.

Vielmehr hält der Bürgermeister die "scharfe Beobachtung der Identitären in Verbindung mit strafrechtlichen Tatbeständen" für wichtig. Diese müsse seitens der Polizei verstärkt werden - vorrangig, was Wiederbetätigungsdelikte anbelange.

Ludwig verurteilte bei der Gelegenheit einmal mehr den Auftritt der nichts amtsführenden Wiener FPÖ-Stadträtin Ursula Stenzel bei einer Kundgebung der Identitären Bewegung (IBÖ) am Wochenende. Er habe sein "Missfallen" inzwischen auch dem blauen Vizebürgermeister Dominik Nepp mitgeteilt.

Ludwig: "Der Ball liegt bei der FPÖ"

Der Stadtchef bekräftigte heute mit Verweis auf die Stadtverfassung, dass er keine rechtliche Möglichkeit habe, Stenzel von ihrer Funktion als ressortlose Stadträtin abzuberufen: "Der Ball liegt bei der FPÖ." Wenn sich FPÖ-Chef Norbert Hofer schon ein Durchgriffsrecht wünsche, "um die Schnittmenge zwischen FPÖ, Identitären und Rechtsextremen zu unterbinden, dann hätte er jetzt die erste Gelegenheit, das zu beweisen".

Einer generellen Abschaffung der Stadträte ohne Ressortkompetenz steht Ludwig - angesprochen auf den entsprechenden angekündigten NEOS-Antrag bei der nächsten Nationalratssitzung - trotzdem ablehnend gegenüber. "Das klingt populistisch sehr gut", allerdings würde ein derartiger Eingriff in die Bundesverfassung auch einen Eingriff in die Rechte aller österreichischen Gemeinden bedeuten. Das hätte zur Folge, dass nicht mehr alle Parteien ab einer gewissen Stärke automatisch in der "Führung einer Gemeinde" vertreten wären. Dabei sei das ein starkes Recht der Opposition: "Ich bin sehr vorsichtig, was die Abschaffung solcher Rechte anbelangt."

Grüne sehen FPÖ-"Doppelspiel" und ÖVP-"Aktionismus"

Die Grünen sehen im Vorgehen der FPÖ mit den Identitären ein "Doppelspiel": "Ein sich gemäßigt gebender Norbert Hofer soll ÖVP-FPÖ Wechselwähler ansprechen, gleichzeitig sollen Rechtsverbinder wie Kickl und Stenzel die extreme Rechte bei Laune halten", so Grünen-Chef Werner Kogler am Montag via Aussendung. Kritik übte er auch an der ÖVP, deren Verbots-Rufe er als "Antragsaktionismus" kritisierte.

"Wie lange bleibt die FPÖ noch ein ernsthafter Koalitionspartner für Sie, Herr Kurz?", fragte Kogler in einer Aussendung am Montag anlässlich des Auftritts Stenzels beim Aufmarsch der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Identitären Bewegung. "Dass nun ausgerechnet VP-Klubchef Wöginger erneut ein Verbot der Identitären ins Spiel bringt, ist ein durchschaubarer, aber ungeeigneter Fluchtversuch nach vorne", sagte er.

Der "Antragsaktionismus" der ÖVP mit einer "unausgegorenen Verbotsidee" werfe mehr Fragen auf als Antworten. "Dass Wöginger gleichzeitig vom Identitären-Chef (Martin Sellner, Anm.) für seine Aussagen in einem Interview mit einem rechtsextremen Magazin (Info-Direkt, Anm.) gelobt wird, zeigt wie löchrig mittlerweile auch die ÖVP-Firewall gegen Rechts ist", so der Befund des Grünen Spitzenkandidaten.

"Zwei ÖVP-FPÖ-Koalitionen haben klar gezeigt, dass es der FPÖ hauptsächlich darum geht, sich die Republik zur Beute zu machen. Eine Partei, die sich nicht glaubwürdig vom rechten Rand abgrenzt und deren Vorbilder Putin, Orbán und Salvini heißen, hat in den höchsten Ämtern der Republik nichts zu suchen", sagte Kogler.

Kritik kommt auch von der Liste JETZT

Kritik an ÖVP-Klubchef Wöginger kam am Montag auch von der Liste JETZT: Deren Gründer Peter Pilz bezeichnete Wöginger als "Hütchenspieler der Extraklasse" - angesichts dessen Interviews mit "Info- Direkt" und darauffolgendem Sellner-Lob. Auch betonte Pilz, "dass alle extremistischen Vereine schon heute aufgelöst werden können", nämlich dann, wenn deren Tätigkeit dem Vereinszweck widerspricht oder wenn sie gegen das Strafrecht verstoßen. "Das alles ist bei den Extremisten von Identitären bis zu politischen Islamisten gegeben", so Pilz.

Die ÖVP wiederum forderte in einer Aussendung die SPÖ auf, bei ihrem für September angekündigten Antrag für ein Verbot der Identitären mitzustimmen. FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky ortete angesichts der Verbots-Forderungen der ÖVP "Allmachtsphantasien": "In einer Demokratie entscheidet der Rechtsstaat über Vereinsauflösungen und nicht die ÖVP-Parteizentrale", so der EU-Mandatar in einer Aussendung. Auch ortete er darin eine "Vorleistung der ÖVP für einen Links-Koalition mit den Grünen oder der SPÖ".

IGGÖ meldet sich zu Wort

Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft IGGÖ, Ümit Vural, erklärte in einer Aussendung, nicht das Vereinsgesetz sei das Problem, "sondern extremistisches Gedankengut, das gesamtgesellschaftlich bekämpft werden muss". Er sah zwischen dem Aufmarsch der Identitären am Samstag eine "direkte Verbindung" mit dem "radikalen Gedankengut des Christchurch-Terroristen". "So ist die Instrumentalisierung der 2. Wien-Belagerung im Jahr 1683 eine bekannte Strategie anti-muslimischer Rassisten, um gegen muslimische Menschen zu hetzen. Auch der Attentäter von Christchurch verzierte etwa seine Mordwaffe mit dem Schriftsatz 'Vienna 1683'", so Vural.

(APA/Red)

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