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Nach Auschwitz-Eklat: Wiener Schüler vor Ausschluss

Nach antisemitischen Störaktionen einzelner Wiener Schüler während eines Besuchs im ehemaligen KZ Auschwitz Ende April zieht der Stadtschulrat nun Konsequenzen: Konkret droht einem Schüler der Schul-Ausschluss.

Der Organisator der Schülerreise, der Verein “Morah” (March of Remembrance and Hope), hatte auf die Zwischenfälle aufmerksam gemacht. Wie die Wochenzeitung “Falter” in ihrer aktuellen Ausgabe berichtet, seien die Provokationen so weit gegangen, dass bei einem gemeinsamen Besuch einer Gaskammer mit Holocaust-Opfern und deren Nachkommen judenverhöhnende Witze gemacht wurden. Daraufhin habe der Verein die betreffenden Jugendlichen, die großteils 16 Jahre alt sind, samt ihren Klassenkollegen frühzeitig nach Hause geschickt.

Der Stadtschulrat führe nun eine umfassende Untersuchung durch, betonte der Sprecher. Diese beinhalte etwa die Aufnahme von Gedächtnisprotokollen aller an der Fahrt Beteiligten – “vor allem unter dem Aspekt, welche Aussagen tatsächlich getätigt wurden und dokumentierbar sind”. Geprüft wird auch die Wahrung der Aufsichtspflicht durch das Lehrpersonal.

Bei einer Disziplinarkonferenz werde der entsprechende Antrag gestellt, teilte Stadtschulratpräsidentin Susanne Brandsteidl am Dienstag mit. Zudem wurden gegenüber fünf weiteren Schülern “Rügen” ausgesprochen. Den drei Lehrern, die an der Klassenfahrt teilgenommenen haben, wird eine “Belehrung” seitens des Landesschulinspektors ins Haus stehen, hieß es.

Der betroffene Schüler aus der AHS Albertgasse sei auch handgreiflich gegenüber einem Kollegen geworden, begründete Brandsteidl die behördlichen Schritte. Ein Ausschluss, über den die Konferenz noch heute entscheiden soll, gilt als sehr wahrscheinlich. Bei den ausgesprochenen “Rügen” handle es sich um eine “Strafe mit zweiter Chance”, erklärte Brandsteidl-Sprecher Matias Meißner auf APA-Anfrage. Diese ziehe abgesehen von einem Vermerk vorerst keine Konsequenzen nach sich – was sich aber im Falle erneuter Vorkommnisse in einem ähnlichen Kontext ändern kann.

Was das Lehrpersonal betrifft, wird es hier zu keinen dienstrechtlichen Sanktionen kommen, da laut Stadtschulrat Versäumnisse bei der Wahrnehmung der Aufsichtspflicht nicht nachgewiesen werden konnten. “Sehr wohl aber wird es zu einer Belehrung der Lehrer kommen, da wir zur Ansicht gekommen sind, dass die Reise nicht optimal vorbereitet wurde”, so Brandsteidl. Hier werde sich der Landesschulinspektor die betroffenen Lehrer in einem Vier-Augen-Gespräch “zur Brust nehmen”, präzisierte Meissner. Dies werde auch im Personalakt vermerkt.

Berichte des Veranstalters, des Vereins Morah, wonach Aussagen wie “Die Juden gehören einfach vergast” gefallen seien, konnten laut Präsidentin nicht verifiziert werden. Problematische Aussagen wie “Auf ins KZ” oder “Was ist der Grund, warum Juden über 3.000 Jahre verfolgt wurden?” seien jedoch festgehalten worden. Für die Erstellung des Prüfberichts wurden alle 44 teilnehmenden Schüler sowie die drei Lehrer befragt.

Brandsteidl betonte, dass es am Gymnasium Albertgasse im Zusammenhang mit Antisemitismus bisher noch keinerlei Schwierigkeiten gegeben habe. Dennoch sei mit der Schule vereinbart worden, sich “in allernächster Zeit sehr intensiv zeitgeschichtlich und gesellschaftspolitisch mit dem Holocaust” auseinanderzusetzen. Auch wolle man in Kooperation mit der Schulpsychologie Möglichkeiten für Schüler aufzeigen, “gegen antisemitische, rassistische und menschenverachtende Aussagen um- und vorzugehen”, hieß es heute.

Erst kürzlich waren Jugendliche durch antisemitische Störaktionen aufgefallen. Bei einer Gedenkveranstaltung im oberösterreichischen Ebensee am vergangenen Wochenende sollen uniformierte Männer unter anderem Nazi-Parolen gerufen haben. Über zwei Hauptverdächtige – sie sind beide 16 Jahre alt – wurde inzwischen die Untersuchungshaft verhängt. Der dritte Jugendliche im Alter von 14 Jahren wurde gegen gelindere Mittel enthaftet.

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