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Mutmaßlicher Drahtzieher von Paris Abdelhamid Abaaoud bei Anti-Terror-Einsatz getötet

Staatsanwaltschaft: Abaaouds Leiche "von Kugeln durchsiebt".
Staatsanwaltschaft: Abaaouds Leiche "von Kugeln durchsiebt". ©EPA
Der mutmaßliche Drahtzieher der Anschläge von Paris ist bei dem Anti-Terror-Einsatz in Saint-Denis getötet worden. Ein in der gestürmten Wohnung gefundener Leichnam wurde als der des belgischen Islamisten Abdelhamid Abaaoud identifiziert, wie der Pariser Staatsanwalt Francois Molins am Donnerstag mitteilte. Frankreichs Premierminister Manuel Valls bezeichnete Abaaoud als "Gehirn der Anschläge".
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Sondereinheiten hatten am Mittwoch die verdächtige Wohnung in der Pariser Vorstadt Saint-Denis gestürmt, in der Abaaoud vermutet wurde. Bei dem Einsatz gab es zwei Tote: Vermutlich sprengte sich eine Frau mit einer Sprengstoffweste selbst in die Luft, außerdem wurde ein von Einschüssen durchsiebter Leichnam gefunden. Dieser wurde anhand von Fingerabdrücken dem 28-jährigen Islamisten Abaaoud zugeordnet.

“Von Einschüssen durchsiebter Körper”

“Abdelhamid Abaaoud ist soeben formell identifiziert worden”, erklärte Staatsanwalt Molins. “Es handelt sich um den im Gebäude gefundenen, von Einschüssen durchsiebten Körper.” Später hieß es allerdings in einer ergänzenden Mitteilung, noch sei unklar, ob der Belgier sich selbst in die Luft gesprengt habe.

Laut Behörden weiterer Anschlag verhindert

Bei dem spektakulären Anti-Terror-Einsatz in Saint-Denis, bei dem die Behörden nach eigener Darstellung auch einen weiteren Anschlag verhindert hatten, waren acht Verdächtige festgenommen worden, mehrere davon in der gestürmten Wohnung. Abaaoud, ein Mitglied der Jihadistenmiliz “Islamischer Staat” (IS), hatte sich aber nicht darunter befunden. Abaaoud war eigentlich in Syrien vermutet worden. Wie der berüchtigte Islamist unerkannt nach Europa zurückkehren konnte, ist noch unklar. Bei dem Anschlag in Paris am vergangenen Freitag waren 129 Menschen getötet und mehr 350 Menschen verletzt worden.

Premier Valls würdigte kurz nach Bekanntwerden der Nachricht vom Tod des belgischen Islamisten die “außergewöhnliche Arbeit unserer Geheimdienste und der Polizei”. Damit sei “einer der Drahtzieher” der Anschläge tot. “Wir wissen heute, dass Abaaoud, das Gehirn dieser Anschläge – eines der Gehirne, denn wir müssen besonders vorsichtig sein und kennen die Bedrohungen – sich unter den Toten befand”, sagte Valls am Donnerstag.

Der Premierminister warnte zudem: “Wir müssen uns bewusstmachen, dass auch Gefahr durch chemische und biologische Waffen besteht.” Er fügte hinzu: “Die makabere Vorstellungskraft der Hintermänner ist grenzenlos.”

Verlängerung und Verschärfung des Ausnahmezustands

Valls äußerte sich in der Nationalversammlung, wo die Abgeordneten wenig später einer Verlängerung auf drei Monate und Verschärfung des nach den Anschlägen von Paris verhängten Ausnahmezustands zustimmten. Die von der Regierung erbetene Maßnahme muss noch vom Senat verabschiedet werden, bevor sie in Kraft treten kann. Eine entsprechende Sitzung wird für Freitag erwartet

Frankreichs Staatschef Francois Hollande hatte den Ausnahmezustand wenige Stunden nach den Anschlägen vom vergangenen Freitagabend verhängt. Er kann laut Gesetz zunächst nur für zwölf Tage verhängt werden. Eine Verlängerung darüber hinaus bedarf eines eigenen Gesetzes und damit der Zustimmung des Parlaments. Der Ausnahmezustand ermöglicht unter anderem Ausgangssperren, Wohnungsdurchsuchungen ohne richterlichen Beschluss auch in der Nacht und Hausarrest für mutmaßliche Gefährder.

Nach Salah Abdeslam wird weiter gesucht – weiterer Attentäter?

Bei den Anschlägen am vergangenen Freitag waren sieben Selbstmordattentäter ums Leben gekommen. Die Polizei sucht unter Hochdruck mindestens einen weiteren Verdächtigen, Videoaufnahmen deuten auf die Existenz eines neunten Attentäters hin. Darunter auch Salah Abdeslam, der im September aus Deutschland kommend in Oberösterreich eingereist und hatte sich in einer Polizeikontrolle verfangen hatte.

Weitere Razzien in Belgien

In Belgien durchsuchte die Polizei am Donnerstag erneut Wohnungen. Unterschiedliche Angaben gab es über deren Ausmaß. Es gab insgesamt neun Razzien in der Region Brüssel, darunter auch im Stadtteil Molenbeek, wie ein Sprecher der belgischen Generalstaatsanwaltschaft mitteilte. Sechs der Razzien standen demnach in “Verbindung mit Bilal Hadfi”, einem der Selbstmordattentäter von Paris. Bei drei weiteren Razzien wurden der Behörde zufolge zwei Verdächtige festgenommen. Die belgische Nachrichtenagentur Belga berichtete indes von sieben Hausdurchsuchungen und einer Festnahme.

Auch in anderen Staaten wurden die Maßnahmen gegen Islamisten verstärkt. In Deutschland soll eine neue Anti-Terror-Einheit der Polizei Ende des Jahres bereitstehen. Italiens Außenminister Paolo Gentiloni sagte dem Sender RAI, “mögliche Terrorangriffe” könnten sich etwa gegen den Petersdom in Rom oder das Opernhaus La Scala in Mailand richten. Seit Mittwoch werde nach fünf Verdächtigen gefahndet. Auch Japan kündigte an, den Aufbau einer speziellen Geheimdiensteinheit zu forcieren. “Angesichts der jüngsten Entwicklungen halten wir es für extrem wichtig, die nachrichtendienstlichen Fähigkeiten der Regierung zu stärken”, sagte ein Regierungssprecher in Tokio. (APA)

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