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Musikverein: Jubiläen und Abschiede

Eine der größten Orchester-Residenzen weltweit, einen prominenten Abschied, Komponisten-Jubiläen und das kostspieligste Saisonprogramm seiner Amtszeit präsentierte der Chef der Gesellschaft der Musikfreunde, Thomas Angyan.

219 Abo-Konzerte in 38 Zyklen mit 270.000 aufgelegten Karten bringen 2008/09 wieder (fast) alles in den Musikverein, was im Musikbereich Rang und Namen hat – und einen davon zum letzten Mal: Alfred Brendel gibt am 18. Dezember sein Abschiedskonzert.

Öfters anzutreffen und daher kommendes Jahr mit “Heimrecht” im Musikverein ausgestattet sind prominente Künstler wie u.a. Mariss Jansons, Thomas Quasthoff, Anne-Sophie Mutter, Gottlieb Wallisch, Riccardo Muti und Christian Thielemann. Seinen 150. Geburtstag feiert hingegen der Singverein mit einem eigenen Zyklus und einer Aufführung gemeinsam mit der Singakademie, die ebenso 150 Jahre alt wird: Gegeben wird das Berlioz-Requiem unter Bertrand de Billy sowohl im Musikverein als auch im Konzerthaus. Acht Konzerte steuern die Wiener Philharmoniker zum Programm bei, 15 Konzertblöcke mit je zwei bis vier Konzerten absolvieren die Wiener Symphoniker und sind damit wieder das Rückgrat des Musikverein-Programmes.

Bevor es ans Feiern bzw. Abschiednehmen geht, gibt es diese Saison noch ein großes Event zu überstehen: “Sehr maßgeblich stören” könnten die Freiluft-Veranstaltungen am Karlsplatz bzw. die Fanmassen während der EURO 2008 den Konzertbetrieb während der Wiener Festwochen, sagte Angyan. Weniger gehe es dabei um Hochfrequentes wie das Trillerpfeifenkonzert von Hermann Nitsch, das am “Kunstplatz Karlsplatz” erklingen soll, als um “extrem störende Bässe”, die sich ins Haus fortpflanzen könnten. Auch eine derzeit noch im Genehmigungsstadium befindliche Leinwand auf dem Musikverein-Vorplatz stößt im Haus nicht auf viel Gegenliebe.

Zur Bewachung des Gebäudes während der EM hat die Gesellschaft der Musikfreunde einen privaten Sicherheitsdienst engagiert, der rund um die Uhr um den Musikverein patrouillieren wird. Und Angyan sprach sich, mit einem Lächeln, dafür aus, dass etwaige Polizei- oder Verkehrs-Hubschrauber nur “partiturgerecht” über den Karlsplatz fliegen sollten. Ob man das Verdi-Requiem, das während der EURO-Eröffnung im Musikverein erklingen wird, als Kommentar zum Sportereignis sehen will, ließ Angyan offen.

2008/09 gibt es dann genug Grund zu feiern – und auch einen prominenten Abschied: Alfred Brendel wird am 18. Dezember mit den Wiener Philharmonikern seinen weltweit letzten Auftritt als Konzertpianist absolvieren, ein Abschied mit Mozart. Dies werde ein Abschied von Brendel “als Konzertpianist, aber nicht von Alfred Brendel selbst”, der etwa mit seiner Autorentätigkeit weiter in der Öffentlichkeit stehen wird, so Angyan. Nicht zuletzt wegen der umfangreichen Residenz der Staatskapelle Berlin, die ganze zehn Konzerte mit Mahler unter den Dirigenten Daniel Barenboim und Pierre Boulez gibt, wird die kommende Saison “die finanziell zumindest in meiner Zeit aufwendigste” der Gesellschaft der Musikfreunde, so Angyan.

Die zweite Residenz ist dem Lucerne Festival Orchestra gewidmet, das zur Saison-Eröffnung (20.9.) einen gerne gesehenen Gast mit sich bringt: Claudio Abbado dirigiert ein Beethoven-/Berliozprogramm. Auch diese Residenz ist mit hohen Kosten verbunden: Wegen Abbados Gesundheit dürfen die Konzerte nicht allzu knapp aufeinanderfolgen, “wir haben 135 Menschen für neun Tage in der Stadt”, so Angyan. “Fragen Sie mich nicht, was das kostet.” Klagen übers Budget und die Subvention (545.000 Euro von der Stadt Wien und 475.000 Euro vom Bund) ließ Angyan jedoch keine folgen: Die Musikfreunde hätten in den vergangenen Jahren gespart und so für die Kosten der kommenden Saison vorgesorgt.

Insgesamt kommen 15 große internationale Orchester von den Berliner Philharmonikern über die Staatskapelle Dresden bis zum Concertgebouw für 38 Konzerte in den Musikverein. Nicht fehlen darf im kommenden Haydn-Jahr natürlich ein Schwerpunkt zu Joseph Haydn, dessen 200. Todestag 2009 begangen wird. Auch im Zeitgenössischen ist man aktiv, fünf Auftragswerke kommen in der nächsten Saison zur Uraufführung – damit seien die Musikfreunde, abgesehen vom “Wien modern”-Festival, in Wien führend.

Und die Kinder- und Jugendprogramme wurden wieder ausgeweitet, insgesamt sollen in der kommenden Saison 30.000 Nachwuchs-Musikfreunde zu Konzerten kommen. Es sei “zuweilen richtig”, dass in manchen Zyklen ein “überaltertes Publikum” im Musikverein säße, so Angyan. “Aber was ist so schlimm daran?”, denn es würden auch jüngere Jahrgänge angesprochen. Und “niemand wird aus Altersgründen aus dem Musikverein entfernt”.

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