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Mubarak zeigt Präsenz, Proteste gehen weiter

Die politische Zukunft Ägyptens scheint weiter offen: Präsident Hosni Mubarak zeigte nach dem abgelaufenen Rücktrittsultimatum der Opposition demonstrativ Präsenz. Am Samstag konferierte er im Präsidentenpalast mit Mitgliedern der neuen Regierung, wie das Staatsfernsehen berichtete. Gleichzeitig versammelten sich auch am zwölften Tag der Proteste Tausende Regimegegner auf dem zentralen Kairoer Tahrir-Platz. Ein Anschlag auf eine Pipeline im Norden der Sinai-Halbinsel unterbrach unterdessen Gaslieferungen nach Israel und Jordanien.
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Die Mubarak-Kritiker hatten am Freitagabend bekräftigt, nicht aufgeben zu wollen, bevor der seit drei Jahrzehnte herrschende Staatschef aus dem Amt gejagt sei. Die Kundgebungen verliefen zumeist friedlich. Größere Zwischenfälle wurden nicht bekannt.

Die “New York Times” berichtete unterdessen über mögliche Szenarien für einen Abgangs Mubaraks: Es gebe Überlegungen, den Präsidenten zu einer medizinischen Untersuchung nach Deutschland ausfliegen zu lassen. Dies sei Teil von Planungen der Führung um Vizepräsident General Omar Suleiman. Er würde demnach zu seinem üblichen Gesundheits-Check nach Deutschland fliegen und diesmal länger bleiben. Nach einer anderen Variante solle sich der Präsident in sein Ferienhaus im Badeort Sharm el-Sheikh zurückziehen. Die Zeitung berief sich dabei auf ungenannte US-Regierungsmitarbeiter. Ziel sei, dass Mubarak den Präsidentenpalast verlasse, aber nicht seines Amtes enthoben werden müsse.

Diese Szenarien gehörten zu Plänen von Vizepräsident Suleiman und Teilen der militärischen Führung, um den Einfluss Mubaraks zu begrenzen und gleichzeitig mit der Bildung einer Übergangsregierung unter Einbindung der Opposition zu beginnen. Diese Regierung könnte dann von Suleiman geführt werden, berichtete die Zeitung. Eine Vorbedingung der Opposition für Gespräche mit Suleiman ist jedoch, dass Mubarak aus dem Amt scheiden muss.

Politiker aus den USA und Europa drängten am Samstag auf Reformen in Ägypten, warnten aber vor sofortigen Neuwahlen. US-Außenministerin Hillary Clinton habe in ihren Gesprächen mit europäischen Amtskollegen und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel betont, dass Washington nicht auf einen schnellen Rücktritt Mubaraks drängen werde, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Samstag aus Diplomatenkreisen. Auch Merkel und der britische Premierminister David Cameron warnten bei der Münchner Sicherheitskonferenz vor überstürztem Vorgehen. “Die ganz schnelle Wahl als Beginn eines Demokratisierungsprozesses halte ich für falsch”, sagte Merkel. Neue Strukturen brauchten Zeit, sich zu entwickeln. In EU-Kreisen wurde darauf verwiesen, dass die ägyptische Verfassung vorsehe, dass spätestens 60 Tage nach einem Rücktritt Mubaraks gewählt werden müsse. Die US-Vertreter betonten in ihren Gesprächen in München, man brauche Zeit, um mit Personen an wichtigen Machtstellen einen friedlichen Übergang zu organisieren. “Ich glaube nicht, dass wir die Weltprobleme lösen, wenn wir einen Schalter umlegen oder Wahlen abhalten”, sagte der britische Premier.

Clinton mahnte die von den USA unterstützten Regierungen in der Region, Reformen anzugehen. Dies sei kein Idealismus, sondern eine “strategische Notwendigkeit”. Andernfalls drohten die Führer in der Region von einem Wirbelsturm hinweggefegt zu werden. “Der Status quo ist einfach nicht zu halten.” Die Forderungen der Bevölkerung müsste gehört werden. Wahlen seien dabei aber nicht alles, betonte auch Clinton. Es müssten auch die Institutionen gestärkt, ein unabhängiges Rechtssystem aufgebaut und eine freie Presse erlaubt werden. Die Regierungen müssten einen möglichst breiten Dialog führen. Platz am Verhandlungstisch hätten aber nur Kräfte, die auf Gewalt verzichteten und Toleranz auch gegenüber Minderheiten zeigten. Auch Merkel betonte, Deutschland und Europa stünden auf der Seite der Reformer in Ägypten. Die EU verfüge über gute Kontakte in die Zivilgesellschaft in Ägypten, die sie nun nutzen wolle. “Der Wandel muss gestaltet werden. Europa ist ein Partner dafür.”

Ein Anschlag auf eine Gaspipeline im Norden der ägyptischen Sinai-Halbinsel unterbrach am Samstag Lieferungen in der Region. Die Leitung führt nach Israel und hat eine Abzweigung nach Jordanien. Die Verbindung nach Jordanien ist unterbrochen. Ob die Lieferungen nach Israel weiter möglich sind, war zunächst unklar. Israel hat aber ohnehin aus Sicherheitsgründen die Leitung abgedreht. Anrainer in den Ortschaften El-Arish und Sheikh Zuwaid hatten in der Früh eine laute Explosion gehört. Ein großes Feuer brach aus. Das Staatsfernsehen meldete: “Saboteure haben sich die instabile Sicherheitslage zunutze gemacht.” Niemand sei verletzt worden. Die Lage sei unter Kontrolle.

Das Außenministerium in Wien hofft, dass am Wochenende “möglichst viele” der derzeit rund 500 in Ägypten urlaubenden Österreicher heimfliegen können, wie Sprecher Peter Launsky-Tieffenthal am Samstag sagte. Die Rückkehr sollte demnach mit Linienflügen aus Kairo und bis zu sieben Charterflügen aus Luxor, Sharm el-Sheikh und Hurghada erfolgen. Zudem gebe es eine Vielzahl von Charterflügen nach Süddeutschland, von denen auch Österreicher Gebrauch machten.

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